CSU-Parteitag in München Eine Schonfrist für zwei Wochen
München · Die Umfragewerte der CSU sind kurz vor der Bayern-Wahl alles andere als gut. Parteichef Markus Söder gibt sich in München kämpferisch. Seine Partei stellt sich kurz vor dem Wahltag demonstrativ hinter ihn. Doch das gilt nur bis zum Wahlabend.
Markus Söder zögert nicht lange. Am Samstagmorgen im Saal C6 der Messe München geht der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident ans Mikrofon und donnert los: „Wir werden diese Wahl als CSU gewinnen. In Bayern lebt es sich besser als anderswo.“ Ein Erfolg der CSU bei der Landtagswahl am 8. Oktober in Bayern sei auch ein Signal an den Bund und gegen die Ampel-Regierung, die „schlechteste Regierung, die dieses Land je gehabt hat“.
Gute zwei Stunden später wird der 56 Jahre alte Franke mit dem persönlichen Rekordergebnis von 96,56 Prozent in seinem Amt als CSU-Chef bestätigt werden. Vorher lieferte er eine routinierte 105-minütige Rede ab, an deren Ende er sich demonstrativ und mit starken Worten gegen die AfD stellt.
Aber der Reihe nach. Es ist in der CSU ja so: Erfolg legitimiert alles, bei Niederlagen ist wiederum alles obsolet. Vor der Wahl zeigt die Partei immer eine große Geschlossenheit - nach der Wahl aber können die Christsozialen im Falle einer Niederlage gnadenlos sein. Söder weiß das sehr genau, war er doch selbst an der Ablösung seines Vorgängers Horst Seehofer beteiligt.
Und der CSU-Chef steht unter Druck: Söder wird bis zur Wahl rund 110 Auftritte in Festzelten und bei Kundgebungen absolviert haben. Doch trotz des immensen Aufwands bleibt die CSU in jüngsten Umfragen mit meist nur 36 Prozent weit hinter ihren eigenen Ansprüchen zurück. Auch von den historisch schlechten Zustimmungswerten für die Ampel-Regierung im Bund kann die CSU nicht profitieren. Dafür kamen die Freien Wähler und die AfD - also Parteien rechts von der CSU - zuletzt zusammen auf bis zu 31 Prozent. Söder bezeichnet den Höhenflug der Freien Wähler als „Fieberkurve aus Solidarität“. Viele Leute in Bayern hätten sich im Zuge der Affäre um das antisemitische Flugblatt aus Hubert Aiwangers Schulzeit mit dem Freie-Wähler-Chef solidarisiert.
Und so geht es für Söder in zwei Wochen um sehr viel. Ein schlechteres Ergebnis als 2018 (37,2 Prozent) wäre definitiv eine Bürde - ob es dann für Söder eng würde, sich an der Macht zu halten, kann in Bayern derzeit niemand verlässlich sagen. Es wäre auf jeden Fall ein Bedeutungsverlust - auch national.
In dunklem Anzug und roter Krawatte gibt sich Söder staatsmännisch und kämpferisch. Er zieht das ganze Programm seines Wahlkampf-Repertoire durch: Werben für die Kernkraft, Verdammen der Ampel-Regierung, gegen vermeintlichen Gender-Zwang wettern, den Länderfinanzausgleich verteufeln, den Koalitionspartner Freie Wähler klein halten. „Es braucht einen Ruck in diesem Land, diese Bundesregierung ist wohl die schlechteste Regierung, die Deutschland je hatte“ ruft Söder - und der Saal applaudiert.
Kurz vor Schluss wird der CSU-Chef sehr ernst und warnt vor einer „Denkzettelwahl“ mit Stimmen für die AfD. „Die AfD ist kein bayerisches Problem, aber ein Problem für Bayern. Wir müssen die AfD ernster nehmen.“ Die Partei wolle an die Macht und drohe damit, andere vor Gericht zu stellen. „Den Sound haben wir in Deutschland schon mal gehabt.“ Die Idee, aus der EU und der Nato auszutreten, seien Ideen von „wahren Kreml-Knechten“. „Diese Leute kommen nicht an die Macht, diesen Leuten legen wir das Handwerk, so wahr mir Gott helfe“, sagt Söder. Eine Zusammenarbeit mit den Grünen nach der Wahl schließt Söder erneut aus.
Der Parteitag verhilft der Union insgesamt zu einem gewissen inneren Frieden. Der Gast-Auftritt des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz wird zu einer Generalabrechnung mit Kanzler Olaf Scholz (SPD). Zu Beginn seiner Rede wirk Merz etwas verhalten, aber dann redet er sich in Fahrt. Und macht Scholz dennoch das Angebot, in der Flüchtlingskrise gemeinsam vorzugehen. Es gebe einen „solchen Sprengstoff für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft“, dass hier eine Lösung gefunden werden müsse, sagt Merz und erinnert an den 1993 von der damals regierenden Union und der damals oppositionellen SPD gefundenen Asylkompromiss, der zu einer Grundgesetzänderung führte. Nach diesem Vorbild müsse nun eine große Lösung gefunden an. Dies dürfe auch nicht an den Grünen als Teil der Bundesregierung scheitern. „Wenn Sie es mit den Grünen nicht hinbekommen, dann werfen Sie sie raus, dann machen wir es mit Ihnen“.
Die CSU-Delegierten applaudieren stehend beiden Vorsitzenden und wählen Söder mit einem sehr überzeugenden Ergebnis. Aber der CSU-Vorsitzende weiß auch: Diese Solidarität hält genau zwei Wochen. Am Wahlabend wird sich sein weiteres politisches Schicksal entscheiden.