Europa-Streit CSU lenkt beim Zeitplan ein

Kloster Banz (RP). In dem heftigen Streit zwischen CDU und CSU um die Zukunft der Europapolitik sieht die CSU Einigungschancen innerhalb der nächsten 14 Tage. Bis zu Sondersitzungen der Bundestagsfraktionen am 21. August will sich die Union zudem mit der SPD einig sein.

 Peter Ramsauer (links) sieht eine baldige Beilegung des Streites.

Peter Ramsauer (links) sieht eine baldige Beilegung des Streites.

Foto: ddp, ddp

Noch am Vortag hatten führende Politiker der CSU bei einer Klausursitzung der CSU-Landesgruppe in Kloster Banz in Zweifel gezogen, ob es noch vor der Bundestagswahl am 27. September zu einer vom Verfassungsgericht verlangten Novelle des Begleitgesetzes zum neuen Europavertrag kommen könne. Sie beharrten darauf, dass Bundestag und Bundesrat die Bundesregierung bei Verhandlungen in Brüssel festlegen dürfen. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte das bei der Klausursitzung erneut strikt ab.

Allerdings vermerkten Sitzungsteilnehmer eine spürbare atmosphärische Verbesserung in der rund 80minütigen Aussprache. So habe Merkel ausdrücklich anerkannt, dass die Ansichten von Skeptikern innerhalb der Unionsfraktion vom Verfassungsgericht bestätigt worden seien. Damit habe die CDU-Chefin gegenüber der CSU Kompromissbereitschaft signalisiert, lauteten die Interpretationen von CSU-Seite.

CSU rechnet mit Einigung in zwei Wochen

Am folgenden Tag zog die CSU nach: Aufgrund des Gespräches mit der Kanzlerin sehe er eine "gewisse hohe Sicherheit", innerhalb der nächsten 14 Tage "inhaltlich ans Ziel" zu kommen, sagte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. Beide Seiten hätten eine Arbeitsgruppe vereinbart, die mit Schwerpunkt im August an den genauen Formulierungen des Begleitgesetzes feilen werde.

Geleitet wird das Gremium von den Parlamentarischen Geschäftsführern Norbert Röttgen (CDU) und Hartmut Koschyk (CSU). Es setzt sich aus CDU- und CSU-Politikern aus den Bereichen Innen-, Rechts- und Europapolitik zusammen, nimmt externen Sachverstand von Europa- und Staatsrechtslehrern auf und sucht zudem den Schulterschluss mit Europaministern aus unionsregierten Bundesländern. Die SPD werde eine ähnliche Arbeitsgruppe installieren. Mit ihr und mit anderen Bundestagsfraktionen werde man Kontakt aufnehmen, damit ein Gesetzentwurf am 26. August in erster Lesung beraten und am 8. September in zweiter und dritter Lesung beschlossen werden könne.

Kernelement des Streites

Kernpunkt des Streites ist die Frage, ob die Bundesregierung in Zukunft keine Verhandlungsfreiheiten mehr haben soll, wenn Bundestag oder Bundesrat sie in einem Punkt festlegen wollen. Ramsauer stellte in Kloster Banz fest, dass es nicht darum gehe, der Bundesregierung immer ein Parlamentsvotum vorzugeben. "Aber wenn es ein Parlamentsvotum gibt, muss sie daran grundsätzlich gebunden sein", fordert die CSU in einem am Mittwoch verabschiedeten 14-Punkte-Papier.

Von einer Stellungnahme des Bundestages oder des Bundesrates solle die Bundesregierung künftig nur noch dann abweichen dürfen, "wenn zwingende außen- und integrationspolitische Gründe dies erfordern". Eine Abweichung müsse die Bundesregierung in einem solchen Fall dann vorher ankündigen und begründen. Ramsauer deutete bei dieser Bestimmung jedoch Verhandlungsbereitschaft an. Möglicherweise lässt sich die CSU darauf ein, auch eine nachfolgende Begründung der Regierung für ihr abweichendes Verhalten zu akzeptieren.

Nachdrücklich hatte Merkel in der Klausursitzung die Verantwortung von CDU und CSU als Europaparteien beschworen. In einem Interview unterstrich auch CDU-Vize Roland Koch dieses einmal mehr. "Die Gegnerschaft zu Europa ist derzeit eine Domäne der Linkspartei — und das soll sie auch bleiben", meinte der hessische Ministerpräsident. Merkel führte den CSU-Abgeordneten hinter verschlossenen Türen als Beispiel die Erbschaftsteuer vor Augen. Weil sich CDU und CSU auf wesentliche Punkte geeinigt hätten, seien sie auch in der Lage gewesen, diese in den Verhandlungen mit der SPD in der Koalition durchzusetzen. Das Signal blieb nicht ohne Wirkung: "In spätestens drei Wochen ist die Sache durch", prognostizierte ein CSU-Politiker.

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