Panik und Ratlosigkeit CSU fürchtet Stoibers Rache

Berlin/München (RP). Wenige Tage vor der Bayernwahl herrschen Panik und Ratlosigkeit in der einst unbesiegbaren CSU. Bei den Christsozialen macht das Gerücht einer "Konter-Revolution" des früheren Ministerpräsidenten Stoiber die Runde.

 Konter-Revolutionär Stoiber? Ein kämpferischer Wahlkampf-Auftritt sorgt für Spekulationen.

Konter-Revolutionär Stoiber? Ein kämpferischer Wahlkampf-Auftritt sorgt für Spekulationen.

Foto: ddp, ddp

Die Götterdämmerung wird alljährlich in Bayreuth gegeben. Drei Tage vor der Landtagswahl in Bayern scheint sie den ganzen Freistaat erfasst zu haben. In keiner einzigen der zuletzt veröffentlichten Umfragen erreicht die CSU über 50 Prozent. Kommt die Linke in den Landtag, muss die einstige Staatspartei gar um ihre absolute Mehrheit im Münchner Maximilianeum fürchten.

Als wäre das alles für die Christsozialen nicht schon deprimierend genug, macht jetzt noch das Gerücht vom "Stoiber-Putsch" die Runde. Sollte das blasse Tandem aus Ministerpräsident Günther Beckstein und CSU-Chef Erwin Huber das Wahlziel verfehlen, so verriet ein Strippenzieher mehreren Zeitungen, würde der Ex-Vorsitzende Edmund Stoiber die Machtübernahme des noch verbliebenen Hoffnungsträgers Horst Seehofer vorbereiten. Der Verbraucherminister konnte sich nach Stoibers Sturz 2007 nicht gegen das Tandem durchsetzen, weil eine Liebesaffäre ihn in den Augen der Parteibasis diskreditierte.

Die CSU habe die "berechtigte Sorge, dass es mit dem Absolutismus zu Ende geht", meint FDP-Chef Guido Westerwelle schadenfroh. Seine Partei hat die Chance, nach 14 Jahren Abstinenz wieder in den bayerischen Landtag einzuziehen. FDP-Spitzenkandidat Martin Zeil könnte damit aus dem Stand heraus einen Ministerposten in der einst uneinnehmbaren Festung Bayern ergattern.

Das trotzige "Bayern kann nur CSU" gilt offenbar nicht mehr. Das schwant auch dem früheren Ministerpräsidenten Stoiber, der mit einem wuchtigen Rundumschlag das Blatt zugunsten seiner Partei wenden will. "Wir müssen mit vollem Einsatz in den Schlussspurt bis zur Landtagswahl gehen", sagte Stoiber dem "Münchner Merkur". Bei seinem Wahlkampfauftritt im Freisinger Festzelt las er dem Führungstandem Huber/Beckstein gehörig die Leviten. "Das ist nicht der Mythos der CSU, wenn man mit hängenden Schultern rumläuft und sagt, 49 Prozent sind auch was", donnerte er den 4000 Festzelt-Besuchern entgegen.

Stoiber hat nicht vergessen, dass Beckstein und Huber ihn mit ihrem Bündnis 2007 letztlich aus dem Amt gedrängt hatten. Jetzt könnte Stoiber, der in großen Teilen der Partei noch immer sehr populär ist, Vergeltung üben. Und Seehofer dürfte diese Hilfe willkommen sein, auch wenn er sich nichts anmerken lässt.

Allerdings wäre eine "Konter-Revolution" der beiden kein Selbstläufer. CSU-Chef Huber hat zwar ein Autoritätsproblem in der Partei. Zugleich schätzen viele an der Basis seine Zuverlässigkeit und Fachkompetenz. Diesen Ruf hat er als Generalsekretär begründet, als er nach innen seinem damaligen Chef Stoiber den Rücken freihielt. Man müsste dem CSU-Politiker schon einen lukrativen Posten in der Bundesregierung anbieten, um die Selbstzerfleischung der Partei nach einem Debakel zu verhindern.

Auch Beckstein dürfte bei einem Ergebnis unter 50 Prozent noch im Amt bleiben, wenn er wenigstens die absolute Mehrheit der Mandate im bayerischen Landtag holt. Und die ist nach allen bislang vorliegenden Umfragen noch gesichert. Das Tandem Huber/Beckstein ist zwar angeschlagen, aber noch nicht ausgezählt. Denn viele Wähler in Bayern dürften durchaus in ihr Kalkül ziehen, dass eine zu deutliche Abfuhr für die CSU das Gewicht des Freistaats in Berlin deutlich schwächen würde.

Gleichwohl zeigt der bisherige Verlauf des Wahlkampfs, dass Bayern vor einem "Epoche-Wandel" steht, wie es der Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, ausdrückte. Die einst erfolgsverwöhnte CSU wird nicht mehr automatisch mit Deutschlands modernstem Bundesland gleichgesetzt. Die Leistungen der Vergangenheit, so meinen viele Wahlbeobachter, zählen nicht mehr für die Zukunft, wenn die CSU kein attraktives Personal vorzuweisen hat.

Profitieren könnte davon vor allem der ehemalige CSU-Generalsekretär Markus Söder, dem seine Parteifreunde das größte politisches Talent bescheinigen. Gemeinsam mit Seehofer, Innenminister Joachim Herrmann und Fraktionschef Georg Schmid gehört ihm die Zukunft. Er darf seinen Ehrgeiz nur nicht allzu offensichtlich zeigen. Das würden ihm die Parteifreunde übel nehmen. Und sonderlich beliebt in der CSU ist er auch nicht.

(RP)
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