Beschlussvorlage für Corona-Gipfel Bund und Länder planen strenge Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte

Berlin · Vor dem nächsten Corona-Gipfel an diesem Donnerstag deuten sich weitgehende Verschärfungen an. Das geht aus einem neuen Beschlussentwurf des Kanzleramts hervor. Noch offen ist, ab wann der Impfstatus aufgrund nachlassender Wirkung der Vakzine seine Gültigkeit verlieren soll.

 Ein Intensivpfleger arbeitet auf einer Intensivstation des RKH Klinikum Ludwigsburg an einem Covid-19-Patient. (Archiv)

Ein Intensivpfleger arbeitet auf einer Intensivstation des RKH Klinikum Ludwigsburg an einem Covid-19-Patient. (Archiv)

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Bund und Länder wollen bei ihrem Corona-Gipfel an diesem Donnerstag zur Eindämmung der vierten Welle schärfere Maßnahmen ergreifen und unter anderem eine Maskenpflicht an Schulen wiedereinführen. „Die Pandemie trifft unser ganzes Land hart. Über die solidarische Verteilung von Intensivpatienten sind wir alle eng miteinander verbunden“, heißt es in einer Beschlussvorlage des Bundeskanzleramtes für die Videoschalte, die unserer Redaktion vorliegt.

„Deshalb werden wir in einem Akt der nationalen Solidarität gemeinsam dafür sorgen, dass die Infektionszahlen wieder sinken und unser Gesundheitssystem entlastet wird“, so das Papier weiter. Zu den Maßnahmen, die teils noch mit Klammern als offene Punkte markiert sind, heißt es unter anderem: „In den Schulen gilt eine Maskenpflicht für alle Klassenstufen.“

Im Einzelhandel sollen 2G-Regeln „bundesweit inzidenzenunabhängig“ ausgeweitet werden. Zugang hätten dann nur noch Geimpfte und Genesene. Der Zugang müsse von den Geschäften kontrolliert werden. Die 2G-Regel gelte – wieder unabhängig von Inzidenzen – auch für Kinos, Theater und Restaurants.  Ergänzend könne ein aktueller Test vorgeschrieben werden (2GPlus). Auch Beschränkungen für Großveranstaltungen sind geplant.

„Es werden Begrenzungen der Auslastung und eine absolute Obergrenze von Zuschauenden festgelegt. Bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen darf nur maximal 30 Prozent der Kapazität genutzt werden bis zu einer maximalen Gesamtzahl von 5.000 Zuschauenden. Bei Veranstaltungen im Freien darf nur maximal 30 Prozent der Kapazität genutzt werden bis zu einer maximalen Gesamtzahl von 15.000 Zuschauenden“, heißt es dazu in der Beschlussvorlage.

Für Weihnachtsmärkte soll bundesweit inzidenzunabhängig 2G gelten, ergänzend könne ein aktueller Test vorgeschrieben werden. Für Karnevalsveranstaltungen soll überall 2GPlus gelten. Kontaktbeschränkungen sind wie folgt geplant: „In allen Ländern werden strenge Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte veranlasst. Private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum, an denen nicht geimpfte und nicht genesene Personen teilnehmen, sind auf den eigenen Haushalt sowie höchstens zwei Personen eines weiteren Haushaltes zu beschränken. Kinder bis zur Vollendung des 14 Jahres sind hiervon ausgenommen“, heißt es in der Beschlussvorlage.

Um die Impfkampagne voranzutreiben, soll der Bund „den Kreis der Personen deutlich ausweiten, die Impfungen durchführen dürfen“, so das Papier. „Kurzfristig geht das über Delegationen, mit denen Ärztinnen und Ärzten an Apothekerinnen und Apotheker sowie Pflegefachkräfte, etwa in Altenheimen die Impfung delegieren dürfen. Darüber hinaus soll eine gesetzliche Änderung erfolgen für Apothekerinnen und Apotheker, Zahnärztinnen und Zahnärzte und weitere, um den Kreis der Berechtigten, die in der Corona-Pandemie Impfungen durchführen können, auszuweiten.“

 Noch offen wird in dem nicht abschließenden Entwurf gelassen, ab wann der Impfstatus aufgrund nachlassender Wirkung der Vakzine seine Gültigkeit verlieren soll. Olaf Scholz und die SPD hatten sechs Monate vorgeschlagen. Derzeit heißt es dazu in dem Papier, in der EU werde diskutiert, dass der Impfstatus nach der zweiten bzw. dritten Impfung seine Gültigkeit für neun Monate behalten solle. Bund und Länder würden sich bis Jahresende unter Berücksichtigung der Impfkampagne verständigen, „ab wann und wie eine entsprechende Regelung in der Bundesrepublik Deutschland Anwendung finden soll.“  

Zur vom designierten Kanzler Olaf Scholz am Dienstag angekündigten allgemeinen Impflicht heißt es, der Bundestag werde dazu zeitnah fraktionsübergreifend entscheiden. Die Impfpflicht könne greifen, „sobald sichergestellt werden kann, dass alle Impfwilligen auch zeitnah geimpft werden können, also etwa Februar 2022“. Der Ethikrat soll dazu bis Jahresende eine Empfehlung ausarbeiten.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte unterdessen strengere Maßnahmen, um die vierte Welle zu brechen. „Trotz leicht sinkender Infektionszahlen steckt das Land in einer tiefen Pandemiekrise mit viel zu vielen Toten, die sich noch über viele Wochen fortsetzen wird. Daher braucht es als Beschluss von Bund und Ländern an diesem Donnerstag aus meiner Sicht fünf wirksame Maßnahmen“, sagte Lauterbach.

Dazu könnten nach seiner Ansicht folgende Punkte zählen: „Erstens müssen alle Schülerinnen und Schüler bis zu den Weihnachtsferien Masken im Unterricht tragen und sich täglich in der Schule testen lassen“, sagte Lauterbach. „Zweitens sollten die Kontakte Ungeimpfter bundesweit stark reduziert werden, am besten auf nur noch eine Person außerhalb des eigenen Haushalts.“ Drittens brauche es flächendeckend 2G-Regeln im öffentlichen Leben, auch im Einzelhandel, so Lauterbach.

„Weil aber 25 Prozent der Infektionen durch vollständig Geimpfte weitergegeben werden, sollte 2Gplus beispielsweise in Restaurants zur Pflicht werden“, sagte der SPD-Politiker. Viertens sollten umgehend alle Bars sowie Clubs und Diskotheken schließen, bis die vierte Welle vorüber ist. „Und fünftens sollten alle Krankenhäuser in Deutschland sofort auf einen Notbetrieb umschalten und alle planbaren Operationen verschieben, um genug Kapazitäten für Corona-Patienten und Notfälle freizuhalten“, sagte Lauterbach.

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