Gesundheitsminister alarmiert Corona bringt viele Kliniken an den Rand der Pleite – Lauterbach plant Entlastungen

Berlin · Energiekrise und Personalnot machen den Kliniken zu schaffen, vielen droht sogar die Pleite. Gesundheitsminister Lauterbach will das Pflegepersonal schonen – etwa durch den Wegfall von Nachtdiensten. Zudem brauchen die Kliniken zusätzliche Milliarden-Hilfen.

 Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit.

Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Angesichts steigender Corona-Zahlen und zunehmender Personalnot in vielen Krankenhäusern plant Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Reform zur Entlastung. Ziel sei es, alle dafür geeigneten Behandlungen als Tagesbehandlung durchführen zu können, sagte Lauterbach im ZDF. So sollten mehr Nachtdienste wegfallen und Pflegekräfte so entlastet werden. „Wir haben ja nicht zu wenig Pflegekräfte gemessen an der Bevölkerung, wir setzen sie sehr wenig effizient ein“, so der Minister.

Lauterbach hatte gesetzliche Neuregelungen bereits angekündigt und Empfehlungen einer Regierungskommission begrüßt, wonach unnötige Übernachtungen bei Klinikuntersuchungen künftig wegfallen können. Insgesamt gehe es um die größte Krankenhausreform der vergangenen 20 Jahre. Er wies in diesem Zusammenhang auch auf Änderungsbedarf beim Vergütungssystem über Pauschalen für Behandlungsfälle hin. Diese Fallpauschalen hätten die Kliniken „komplett durchökonomisiert“.

Vor dem Hintergrund der gestiegenen Corona-Infektionszahlen sprach sich der Minister erneut für die Rückkehr der Maskenpflicht in Innenräumen aus. „Wir haben jetzt schon hohe Fallzahlen.“ Im späten Herbst und Winter würde dies zu großen Problemen führen. „Ich hoffe, dass sich die Länder verantwortlich zeigen“, sagte Lauterbach.

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Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen forderte zusätzliche Hilfen des Bundes und der Länder für die Krankenhäuser von mindestens vier Milliarden Euro. „Man muss zur Zeit davon ausgehen, dass im Bereich der Krankenhäuser finanzielle Hilfen im Umfang von mindestens vier Milliarden Euro und im Bereich der Pflegeeinrichtungen weitere 650 Millionen Euro für die nächsten Monate erforderlich sind“, sagte Dahmen unserer Redaktion. „Durch die Energiekrise wird sich insbesondere die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser, die durch Personalausfälle in der Pandemie und den chronischen Fachkräftemangel bereits stark belastet ist, weiter verschlechtern. Um eine Pleitewelle der Kliniken jetzt abzuwenden und ihre wirtschaftliche Lage zu stabilisieren, braucht es kurzfristig finanzielle Unterstützung vom Bund und den Ländern“, sagte der Gesundheitsexperte.

Dahmen befürwortete zudem wegen der steigenden Corona-Infektionszahlen die Wiedereinführung einer Maskenpflicht in Innenräumen. „Der Bund hat mit der jüngsten Novelle des Infektionsschutzgesetzes den Ländern wirkungsvolle Instrumente wie das Maskentragen im Innenraum an die Hand gegeben“, sagte er.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) erneuerte ihre Forderung nach einem Inflationsausgleich und warnte vor drohenden Versorgungsengpässen. Die stellvertretende DKG-Vorstandsvorsitzende Henriette Neumeyer sagte, die Krankenhäuser stünden vor einem schwierigen Herbst und Winter. „Personalausfälle werden uns die nächsten Wochen und Monate begleiten und auch erhebliche Einfluss auf die Versorgung haben. Das Zusammenspiel von Corona und anderen Atemwegserkrankungen treibt zudem den Krankenstand hoch. Die Personalausfälle liegen weit über dem üblichen jahreszeitlichen Maß“, so Neumeyer. „Gleichzeitig haben wir erhebliche Zuwächse bei Covid-positiven Patienten. Was wir dringend benötigen, ist eine Entbürokratisierung von Prozessen damit das verfügbare Personal auch sinnvoll eingesetzt werden kann“, sagte sie. Außerdem müssten die Kliniken in die Lage versetzt werden, steigenden Preisen und hohen Energiekosten zu trotzen. „Unsere klare Botschaft an Bund und Länder: Wir brauchen einen umfassenden Inflationsausgleich, anderenfalls laufen wir Gefahr die Versorgung durch Insolvenzen von Krankenhäusern zu gefährden“, sagte Neumeyer.

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