Strengere Corona-Regeln Entschädigungszahlung für Ungeimpfte bei Quarantäne soll auslaufen

Berlin · Bisher können Beschäftigte bei Verdienstausfällen im Falle einer Quarantäne mit finanziellem Ausgleich rechnen. Doch für Ungeimpfte könnte damit schon bald Schluss sein. Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern wollen die Regeln strenger fassen. Gesundheitspolitiker verschiedener Parteien fürchten allerdings negative Folgeeffekte.

 Bei einem Verdienstausfall im Falle einer Quarantäne ist bislang der Staat eingesprungen. Nun soll der Anspruch für Ungeimpfte enden.

Bei einem Verdienstausfall im Falle einer Quarantäne ist bislang der Staat eingesprungen. Nun soll der Anspruch für Ungeimpfte enden.

Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Ungeimpfte Arbeitnehmer müssen sich darauf einstellen, im Fall einer Corona-Quarantäne künftig keine Entgeltfortzahlung mehr zu bekommen. Über den Anspruch für Ungeimpfte auf Entschädigungszahlung beraten die Gesundheitsminister von Bund und Ländern an diesem Mittwoch. Die neue Regelung soll spätestens ab 11. Oktober gelten. Das geht aus einem Beschlussentwurf für die Beratungen hervor, der unserer Redaktion vorliegt. Demnach sollen die Entschädigungsleistungen nicht mehr für Kontaktpersonen von Infizierten oder Reiserückkehrer aus einem Risikogebiet gewährt werden, die keinen Impfschutz haben, obwohl für sie eine Impfempfehlung vorliegt. Ziel der Beratungen ist  eine bundesweit einheitliche Umsetzung. Die Regelung ist allerdings noch nicht final zwischen Bund und Ländern abgestimmt.

Der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Klaus Holetschek (CSU), plädierte bereits im Vorfeld für ein Ende der Entschädigung von Verdienstausfällen. „Inzwischen gibt es ein breites Impfangebot, die Priorisierung wurde aufgehoben: Jeder hatte und hat weiterhin die Chance, sich impfen zu lassen“, sagte Holetschek unserer Redaktion. „Klar ist aber auch: Wer selbst erkrankt – was übrigens ja auch mit Impfung in manchen Fällen möglich ist – der bekommt natürlich weiterhin sein Geld vom Arbeitgeber, wie bei jeder anderen Krankheit auch“, so der CSU-Politiker.

Bisher können Beschäftigte, die wegen angeordneter Quarantäne finanzielle Ausfälle zu beklagen hatten, eine Entschädigung bekommen. Im Infektionsschutzgesetz sind bereits Ausnahmen für Ungeimpfte verankert. Diese kamen bisher allerdings nur in einzelnen Bundesländern zum Einsatz. Baden-Württemberg hat den Stopp für Entschädigungen für Ungeimpfte bei Verdienstausfällen bereits seit 15. September umgesetzt. Rheinland-Pfalz, Bremen und Nordrhein-Westfalen planen ähnliche Schritte im Oktober. Holeteschek betonte vor den Beratungen am Mittwoch, er werde sich für eine „bundesweit einheitliche Umsetzung der Regelung“ einsetzen.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, bezeichnete die Regelung als „ausgewogen, notwendig und angemessen“.  Der Ökonom sagte unserer Redaktion: „Menschen müssen Verantwortung für ihr eigenes Handeln übernehmen und können die Kosten nicht auf Unternehmen oder die Gemeinschaft abwälzen.“ Jeder Mensch in unserem Land habe die Freiheit, sich nicht impfen zu lassen, müsse jedoch auch die Verantwortung für diese Entscheidung übernehmen.

Auch die Arbeitgeber begrüßten die Regelung. „Wer sich trotz objektiver Möglichkeit nicht impfen lässt, muss auch die Konsequenzen tragen. Das darf nicht zu Lasten der Betriebe gehen“, teilte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände auf Nachfrage mit.

Skeptischer zeigten sich dagegen Gesundheitspolitiker verschiedener Parteien. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach plädierte zwar für eine bundeseinheitliche Regelung, bezeichnete das Aus für die Entschädigungszahlungen allerdings als falsch. „Denn es wird dazu führen, dass sich die betroffenen Menschen gar nicht erst in Quarantäne begeben – das wird insbesondere bei einkommensschwächeren Menschen der Fall sein“, sagte Lauterbach. Er bevorzuge daher, dass bundesweit das Arbeitsentgelt auch in der Quarantänezeit weitergezahlt werde. Zudem rechnet Lauterbach sogar damit, dass durch die bundesweite Regelung die Testbereitschaft abnehmen wird. „Es ist doch absolut lebensfern, dass sich Menschen auf eigene Kosten testen lassen, um dann im Fall eines positiven Ergebnisses auch noch ohne Verdienstersatz in Quarantäne zu gehen. Das wird nicht stattfinden“, betonte Lauterbach.

Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen hält eine Harmonisierung der Rechtslage für überfällig, denn nachvollziehbare, bundeseinheitliche Regelungen würden in  der Bevölkerung „zu mehr Akzeptanz für die Corona-Politik insgesamt“ führen. „Der Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Spahn scheitert aber wegen vieler ungeklärter Fragen an der praktischen Umsetzung und lenkt erneut von den eigentlichen Versäumnissen im Krisenmanagement ab. Dazu gehört auch, dass das Konzept des Bundesgesundheitsministers nur sicher aufginge, wenn auch zeitgleich am Arbeitsplatz verbindlich überall die 3G-Regel gilt“, sagte Dahmen. Es müsse verhindert werden, dass sich ungeimpfte Angestellte aus Sorge vor Quarantäne nicht mehr Testen lassen. „Dann könnte eine verdeckte Pandemie entstehen“, warnte der Grünen-Politiker.

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