Beschluss der Bundesregierung Einreisesperre für Corona-Mutationsgebiete tritt in Kraft

Berlin · Testpflichten und Quarantäne gibt es schon. Jetzt wird die Einreise nach Deutschland wegen der dramatischen Entwicklung der Corona-Pandemie ein weiteres Mal erschwert. Ziel ist es, die Verbreitung besonders ansteckender Virusmutationen einzudämmen.

 Ein Flugzeug ist während des Sonnenuntergangs im Landeanflug auf den Flughafen Düsseldorf. (Archiv)

Ein Flugzeug ist während des Sonnenuntergangs im Landeanflug auf den Flughafen Düsseldorf. (Archiv)

Foto: dpa/Kevin Kurek

Für Länder, in denen sich besonders ansteckende Varianten des Coronavirus stark ausgebreitet haben, gilt in Deutschland ab Samstag eine weitreichende Einreisesperre. Das Kabinett beschloss am Freitag ein Beförderungsverbot für Fluggesellschaften, Bahn-, Bus- und Schiffsunternehmen bis zum 17. Februar, das aber zahlreiche Ausnahmen unter anderem für alle Deutschen und in Deutschland lebenden Ausländer sowie für Transitpassagiere und den Warenverkehr vorsieht, wie das Bundesinnenministerium der Deutschen Presse-Agentur auf Nachfrage bestätigte. Betroffen sind zunächst Großbritannien, Irland, Portugal, Südafrika und Brasilien, ab Sonntag auch die kleinen afrikanischen Staaten Lesotho und Estwani.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte die Einreisesperre bereits am Donnerstag angekündigt. Sie betrifft vor allem die Fluggesellschaften. Alleine Lufthansa bietet derzeit 55 Hin- und Rückflüge pro Woche in die betroffenen Länder an. Wegen der zahlreichen Ausnahmeregeln dürften aber nicht alle gestrichen werden.

Neben den genannten Ausnahmen gibt es noch weitere. Die Beförderung von medizinischem Personal, Ambulanzflüge, der Organtransport und die Beförderung „aus dringenden humanitären Gründen“ sind weiter erlaubt. Auch Transitpassagiere dürfen weiter in Deutschland landen, und Crews von Luftfahrzeugen und Schiffen dürfen ebenfalls einreisen.

Die Bundesregierung hatte die Einreise nach Deutschland bereits in den letzten Wochen und Monaten Schritt für Schritt erschwert. Rund 160 der knapp 200 Länder weltweit sind inzwischen in eine von drei Corona-Risikokategorien eingestuft. Für die niedrigste gilt eine Testpflicht spätestens 48 Stunden nach Einreise und eine zehntägige Quarantänepflicht, von der man sich nach fünf Tagen durch einen zweiten negativen Test befreien kann.

Die Bundesregierung verfügte die Einreisesperre im Alleingang unabhängig von den EU-Partnern. Hintergrund ist, dass man sich unter den 27 EU-Staaten nicht auf ein einheitliches Vorgehen bei den Mutationsgebieten verständigen konnte. Vor der Kabinettsentscheidung verständigten sich die Botschafter am Freitag lediglich auf Empfehlungen für verschärfte Regeln beim Reisen innerhalb der Europäischen Union - hinter den deutschen Vorstellungen blieben sie damit zurück.

Kritik an dem Vorgehen kam von Franziska Brantner, europapolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) torpediere die europäische Einigung auf eine doppelte Test- und Isolationspflicht für Reisende aus dunkelroten Zonen, sagte Brantner unserer Redaktion. Seehofer gehe allein den schärferen Weg der Einreiseverbote. „Genau die will die EU mit der neuen Regelung vermeiden. Damit düpiert er mal wieder seine europäischen Kollegen anstatt endlich sicherzustellen, dass Testen und Isolation auch wirklich umgesetzt und kontrolliert werden“, sagte Brantner. Man dürfe jetzt nicht die gleichen Fehler wie im Frühjahr machen. Pendler und Familien in den Grenzgebieten müssen auch weiterhin die Grenzen passieren dürfen.

FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff erklärte die Maßnahme der Bundesregierung ebenso für falsch. „Die Ausbreitung der neuen Corona-Mutanten muss gebremst werden, aber pauschale Einreiseverbote sind nicht der richtige Weg“, sagte er. Mutationsgebiete müssten ausgewiesen und klar benannt werden. „Dann muss die Einreise von dort so reduziert werden, dass verbindlich alle Einreisenden noch am Flughafen getestet werden können“, sagte Lambsdorff. Noch sinnvoller wären Testungen vor Abflug. „Dass all das bisher trotz zahlreicher Ankündigungen nicht sichergestellt wurde, muss sich die Bundesregierung ankreiden lassen. Verlässliche Tests, mehr Sequenzierung und das weitere Hochfahren der Impfkapazitäten sind der Schlüssel, um die Mutante auszubremsen und zwingend notwendig für eine Rückkehr zur Normalität“, so der FDP-Fraktionsvize. „Ganz wichtig ist, dass wir diese Maßnahmen mit unseren Nachbarn in der EU besprechen, denn wenn es erneut zu einem deutschen Alleingang käme, wäre das kontraproduktiv“, warnte Lambsdorff.

Regierungssprecher Steffen Seibert hob am Freitag hervor, dass die Bundesregierung sich weiter „sehr intensiv“ an den Beratungen auf europäischer Ebene beteilige. Doch auch andere Länder prüften derzeit, wie sie den „bestmöglichen Schutz ihrer Bevölkerung bewerkstelligen können“. Es gehe um eine „sehr reale Gefahr“ für jedes Land. Dabei gebe es auch einen „gewissen Spielraum für nationale Maßnahmen“.

(dpa/jd/jw)
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