Christopher Lauer und die AfD-Mail Erst nachdenken, dann abschicken

Meinung | Berlin · Der frühere Piraten-Politiker und heutige Sozialdemokrat Chistopher Lauer hat einen Sparkassen-Mitarbeiter in Bedrängnis gebracht: Er machte eine Wut-Mail öffentlich, in der sich dieser zur AfD bekennt. Darf der das?

 Ex-Pirat Christopher Lauer (Archiv).

Ex-Pirat Christopher Lauer (Archiv).

Foto: dpa, pdz pzi vfd kde

Fair war sie nicht, die Reaktion von Christopher Lauer. Von einem AfD-Anhänger hatte der Politiker eine wütende Mail bekommen, und das über einen dienstlichen Sparkassen-Account. Mit zwei Tweets machte Lauer das Schreiben öffentlich. Unfair war das, weil ein Politiker mit 35.000 Followern und ein einfacher Sparkassen-Angestellter in der Öffentlichkeit mit ungleich langen Spießen kämpfen.

Nachvollziehbar und auch richtig ist aber, dass Politiker der etablierten Parteien nicht mehr alle Anwürfe gegen sie hinnehmen oder ignorieren. Die gesellschaftliche Stimmung hat sich in den vergangen zwei Jahren so rapide verändert, dass Politiker inzwischen als eine Art Freiwild betrachtet werden, die man ungeschützt beschimpfen darf. Dem sollte ein Riegel vorgeschoben werden.

Der Fall Lauer ist leider kein Musterbeispiel dafür, wie politisch angemessene Gegenwehr auszusehen hat. Der streitbare SPD-Mann und Ex-Pirat hat offensichtlich stellvertretend für die vielen krass beleidigenden Mails, die er bekommt, Rache an dem Sparkassen-Angestellten genommen.

Dabei war der Mann, der Lauer die wütende Mail schickte, selbst nicht ausfällig geworden. Er outete sich lediglich als AfD-Wähler und wünschte der SPD die "Versenkung in der Bedeutungslosigkeit". Sein Fehler: Er verschickte die Mail von seinem Sparkassen-Account. Und das geht definitiv nicht.

Sparkassen sind öffentlich-rechtliche Institutionen. Wer dort sein Geld verdient, muss zwischen privaten und dienstlichen Äußerungen trennen. Der Mann kann sich zur AfD bekennen, überall und jederzeit. Wir leben in einem freien Land. Er darf es nur nicht in der Rolle des Sparkassen-Repräsentanten tun. Das Kreditinstitut hat inzwischen richtigerweise darauf hingewiesen, dass es seinen Mitarbeitern untersagt ist, dienstliche Accounts zum Kundgeben parteipolitischer Meinungen zu nutzen. So viel parteipolitische Hygiene brauchen der Staat und seine Institutionen.

Auch wenn man Mitleid mit dem ungeschickten Sparkassen-Angestellten hegen kann, der seit der Veröffentlichung durch Lauer selbst am Pranger steht: Das Beispiel dient doch dem guten Zweck, sich der Spielregeln zu vergewissern. Um die politische Meinungsfreiheit als hohes Gut der Demokratie zu schützen, müssen Regeln eingehalten werden. Dazu gehört, dass Debatten offen, ohne persönliche Diffamierungen und ohne falsche Absender geführt werden.

(qua)
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