Wo bleibt das "C" in "CDU"? Christlicher Zorn über Merkel

Trier (RP). Wolfgang Ockenfels, CDU-Mitglied seit 1966, Sozialwissenschaftler an der Uni Trier, ist ein politisch streitbarer Dominikaner-Pater. 40 Tage vor der Bundestagswahl feuert der 62-Jährige in seiner Streitschrift "Das hohe C. Wohin steuert die CDU" (Sankt Ulrich Verlag) aus vollen Rohren gegen den "verwaschenen" Kurs der Parteivorsitzenden Angela Merkel.

Angela Merkel im Sommerinterview
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Der Kernvorwurf lautet: Christlich geprägte Stammwähler würden sträflich vernachlässigt oder gar vor den Kopf gestoßen, etwa durch die aus Ockenfels' Sicht "ungeheuerliche", "infame", "scheinheilige" öffentliche Kritik an Papst Benedikt XVI. durch die CDU-Chefin.

Die Verrenkungen der Union bei den krampfhaften Versuchen, neue Wählerschichten zu gewinnen, ließen die substanziellen Defizite der Partei umso deutlicher in Erscheinung treten. Ockenfels spart auch nicht mit Kritik an seiner Kirche in Deutschland: "Beide, Kirche und C-Partei, leiden an einem Profil- und Relevanzverlust."

Schelmisch-bangen Vergleich

Was die CDU unter Merkels Regie betrifft, gönnt sich der gebürtige Rheinländer Ockenfels diesen schelmisch-bangen Vergleich: Manchmal habe man das Gefühl, der CDU könnte das gleiche Schicksal widerfahren wie dem Kölner Stadtarchiv. Das sei aus Unachtsamkeit, nicht aus bösem Willen zusammengebrochen: "Man wollte nur etwas untertunneln und modernisieren, . . . aber man tat nichts zur Absicherung der Fundamente."

Der Gelehrte lässt bei aller Bereitschaft zu deftiger, oft sehr zugespitzter Schelte keinen Zweifel daran, dass die Union zwar Gefahr laufe, ihr christlich geprägtes Erbe zu verspielen; aber, was etwa Themen wie Schutz von Ehe, Familie, ungeborenem Leben angehe, im Vergleich zur Programmatik anderer Parteien dennoch vorzugswürdig bleibe.

Kritik am Umgang mit dem Papst

Wie so viele treue Katholiken und CDU-Sympathisanten hat Ockenfels jedoch keinerlei Verständnis für die Behandlung des Papstes durch Merkel Anfang Februar im Streit um Pius-Bruder und Holocaust-Leugner Williamson: "Ihre mit Betroffenheitsmiene vorgenommenen Worte an die Adresse des Papstes verdienen es, in eine Sammlung infamer Unterstellungen aufgenommen zu werden."

Merkel habe "den Papst namens Benedikt" und den "Theologen namens Ratzinger", dessen Freundschaft zum Judentum und dessen Abscheu vor dem Holocaust über alle Zweifel erhaben seien, durch "in der Geschichte der CDU und der deutschen Bundeskanzler" einmalige Worte beleidigt. Es bestehe die Gefahr, dass sich traditionelle Katholiken in der CDU nicht mehr heimisch fühlten und dass es deshalb einen "Exodus auf Raten" aus der Partei geben werde.

(RP)
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