Christine Lambrecht Ministerin unter Druck

Berlin · Die Verteidigungsministerin ist erneut in der Kritik. Berichte über eine Krise bei der Beschaffung von Tarnkappenflugzeugen weist ihr Haus nach turbulenten Tagen aber zurück. Bei den Plänen für die F-35, eines der wichtigsten Beschaffungsprojekte der Bundeswehr, sei „alles grün“.

 Christine Lambrecht (l, SPD), Verteidigungsministerin, fährt bei ihren Besuch der Panzerlehrbrigade 9 in einem Panzer mit. (RECROP) Foto: Philipp Schulze/dpa

Christine Lambrecht (l, SPD), Verteidigungsministerin, fährt bei ihren Besuch der Panzerlehrbrigade 9 in einem Panzer mit. (RECROP) Foto: Philipp Schulze/dpa

Foto: dpa/Philipp Schulze

Eine Zeit lang war es ruhiger geworden um die Verteidigungsministerin. Nun ist die öffentliche Unruhe um die SPD-Politikerin Christine Lambrecht zurückgekehrt. Grund dafür sind sowohl Irritationen über eine Äußerung in einem Interview dieser Zeitung zur möglichen Stationierung von Patriot-Einheiten in Polen als auch über Fragen zum Einkauf von F-35-Tarnkappen-Jets aus den USA. Unmut gibt es außerdem über die nur schleppend angelaufene Beschaffung von Ausrüstung und Waffen.

Die F-35-Tarnkappen-Jets sind eine der größten Anschaffungen der Bundeswehr. Das milliardenschwere Projekt droht sich allerdings zu verzögern und zu verteuern, das Bundesverteidigungsministerium sieht erhebliche Risiken. In einem vertraulichen Schreiben an den Haushaltsausschuss des Bundestags warnte das Ministerium vor „zeitlichen Verzögerungen und Mehrkosten“ wegen aufwendiger Vorbereitungsarbeiten, hatte die „Bild am Sonntag“ am Wochenende berichtet. Eigentlich sollte der Haushaltsausschuss am 14. Dezember eine Tranche der Kosten freigeben.

Am Montag nun widersprach das Verteidigungsministerium den Berichten. Der Haushaltsausschuss sei in einer 25-Millionen-Euro-Vorlage darüber informiert worden, welche Aspekte noch unklar seien und wie die Folgen und die Wahrscheinlichkeit von Problemen abgemildert werden sollen, sagte ein Sprecher des Ministeriums. „Es gibt keine Krise. Es gibt derzeit kein Problem in der Planung, auch nicht in der Infrastruktur“. Laut Vorlage sei das Projekt „deutlich auf einem guten Weg“ und „alles grün“.

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bekräftigte die Entscheidung. „Deutschland hält an seinem Engagement im Rahmen der Übereinkünfte der Nato zur nuklearen Teilhabe fest, auch durch den Kauf von Kampfjets des Typs F-35 mit dualer Einsatzfähigkeit“, schrieb der SPD-Politiker in einem Beitrag für das US-Medium „Foreign Affairs“.

Ministerin Lambrecht jedenfalls musste den Haushältern am Montag in ihrem Ministerium Rede und Antwort stehen. „Wir haben heute noch mal deutlich gemacht, dass die F-35 ein Projekt höchster Priorität ist und der vollen Aufmerksamkeit der Ministerin bedarf. Die F-35 soll die nukleare Teilhabe Deutschland sicherstellen. Das zeigt, die Nachfolge des Tornados ist ein zentrales verteidigungspolitisches Projekt“, sagte der FDP-Haushaltspolitiker Karsten Klein (FDP) nach dem Treffen. Es gehe um erhebliche Investitionen von über zehn Milliarden Euro. „Wenn die Zeitschiene gerissen wird, entstehen erhebliche Folgekosten für die weitere Nutzung des Tornados. Dies muss verhindert werden“, sagte Klein.

Allen Dementis vom Montag zum Trotz machen in Berlin Gerüchte die Runde, Lambrecht stehe womöglich vor einer Ablösung. Der Name der Wehrbeauftragten, der SPD-Politikerin Eva Högl, fällt dabei immer wieder. Lambrecht war bereits in der Vergangenheit wiederholt kritisiert worden. Über die falsche Zuschreibung von Dienstgraden und Waffensystemen war öffentlich, meist politisch motiviert, gelästert worden. Zudem war die ehemalige Justizministerin in die Kritik geraten, weil sie ihren Sohn im Hubschrauber mitgenommen und sich über mögliche Karrierepläne ihrer Kabinettskollegin und Parteifreundin, Innenministerin Nancy Faeser, öffentlich geäußert hatte.

Doch noch sieht der Bundeskanzler keinen Grund für eine Auswechslung. In der vergangenen Woche erst verteidigte er sie, nachdem Schwierigkeiten bei der Munitionsbeschaffung für die Bundeswehr bekannt wurden. „Die Verteidigungsministerin ist jetzt sehr engagiert dabei, diese Missstände der letzten Jahrzehnte zu beseitigen“, sagte er. Stattdessen versucht der Kanzler Defizite im Verteidigungsministerium dadurch zu kompensieren, dass er sich selbst und seine Regierungszentrale stärker in die Verteidigungspolitik einschaltet - zum Beispiel beim Munitionsproblem, zu dem es vergangene Woche ein Treffen mit der Industrie im Kanzleramt gab.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte am Montag auf die Frage, wie zufrieden die Bundesregierung mit der Arbeit der Ministerin sei: „Der Bundeskanzler ist zufrieden mit der Arbeit aller Ministerinnen und Minister dieses Kabinettes.“ Fragt sich nur, wie lange diese Aussage Bestand hat. Denn anders könnte es aussehen, wenn sich Innenministerin Faeser für eine SPD-Spitzenkandidatur in Hessen entscheidet, dafür ihren Ministerposten aufgibt und dann eine Kabinettsumbildung fällig würde. Das wäre eine Chance, andere Baustellen gleich mit abzuräumen.

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