„Bundesfinanzkriminalamt“ Bundesfinanzkriminalamt soll Geldwäsche bekämpfen

Berlin · Deutschland gilt vielen als Paradies der Geldwäsche. Finanzminister Christian Lindner will jetzt der „Spur des Geldes“ konsequenter folgen – und rennt damit scheinbar viele offene Türen ein.

Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen.

Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Mit einer neuen Bundesbehörde will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den Kampf gegen Geldwäsche und Finanzkriminalität verstärken. „Ich schlage einen Paradigmenwechsel vor“, sagte Lindner dem „Spiegel“. „Wir müssen der Spur des Geldes konsequent folgen, anstatt uns mit der Aufdeckung einer Straftat, die mit Geldwäsche in Zusammenhang steht, zufriedenzugeben.“ Künftig sollten auch großangelegte Fälle von Finanzkriminalität konsequenter verfolgt und aufgedeckt werden, hieß es am Dienstag aus dem Ministerium des FDP-Politikers.

Einem am Dienstag bekanntgewordenen Papier aus dem Bundesfinanzministerium zufolge soll die Bekämpfung von Finanzkriminalität und die Durchsetzung von Sanktionen wie aktuell gegen russische Oligarchen unter einem Dach gebündelt werden. Bisher gibt es über 300 Aufsichtsbehörden in den Bundesländern. Diese Zahl würde das Bundesfinanzministerium gerne reduzieren. Die neue Institution, deren Name noch nicht feststeht, wird nach Lindners Vorstellungen auf drei Säulen ruhen.

Die erste, ein ebenfalls neu zu gründendes Bundesfinanzkriminalamt, solle aus einem eigenständigen Fahndungsbereich bestehen. Dort sollten Bundesbeamte arbeiten, die echte Ermittlungsbefugnisse bekommen sollen.

Die zweite Säule solle die bereits bestehenden Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) bilden. Sie ist dafür zuständig, mit Hilfe von Computerprogrammen aus den zahlreichen Verdachtsmeldungen solche Fälle herauszufiltern, denen die Fahnder nachgehen sollen.

Drittes Standbein schließlich werde eine koordinierende Zentralstelle für die Aufsicht über den Nichtfinanzsektor sein. Darunter fallen zum Beispiel die Immobilienwirtschaft und die Glücksspielbranche. In diesen Wirtschaftszweigen wird besonders viel Schwarzgeld in den regulären Wirtschaftskreislauf zurück geschleust.

Zu den Details von Lindners Vorschlag gibt es in der Ampel-Koalition wohl noch Abstimmungsbedarf. Aus den Reihen der Grünen kam aber generelle Zustimmung. „Es ist eine gute Nachricht, dass das Bundesfinanzministerium jetzt einen Aufschlag präsentiert und eine eigenständige Einheit auf Bundesebene schaffen möchte“, sagte der Grünen-Obmann im Innenausschuss, Marcel Emmerich.

Unionsparlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) sprach von einer „Flucht nach vorn“. „Deutschland hat ein riesiges Geldwäscheproblem, das der heutige Kanzler über Jahre nicht ernst genommen und bearbeitet hat“, sagte Frei unserer Redaktion. Als Bundesfinanzminister habe Scholz weder für eine ausreichende personelle Ausstattung noch für ausreichende Kompetenzen der Financial Intelligence Unit (FIU) gesorgt. „Lindners Vorschlag verweist daher vor allem auf Scholz’ Versäumnis", sagte der CDU-Politiker.

Auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch begrüßte die Pläne von Bundesfinanzminister Christian Lindner. „Die Linke fordert seit Langem eine Bundesfinanzpolizei, um diesen Sumpf trocken zu legen. Wenn Christian Lindner nun Ideen aufnimmt, um Steuergerechtigkeit auf den Weg zu bringen und Verbrechen zu bekämpfen, ist das gut“, sagte Bartsch auf Anfrage. „Wir werden ihn an Taten messen, nicht an schönen Worten", sagte Bartsch. „Der Finanzminister wollte Ermöglichungs- und nicht Verhinderungsminister sein. Bislang ermöglicht er ein Steuersystem aus dem vergangenen Jahrhundert, das Gerechtigkeit vielfach verhindert und die Spaltung der Gesellschaft ermöglicht“, fügte er hinzu.

Der Chef der Bürgerbewegung Finanzwende, Gerhard Schick, kritisierte die Pläne hingegen als nicht weitreichend genug. „Die neue Bundesbehörde ist offensichtlich nicht für schwere Steuerkriminalität zuständig. Auf dem Auge ist Christian Lindner offenbar blind“, sagte Schick unserer Redaktion. Er forderte darüber hinaus schärfere Waffen für die neue Bundesbehörde. „Eine neue Behörde allein löst das Problem nicht. Wir müssen den Behörden auch die richtigen Werkzeuge an die Hand geben, wenn vermehrt gegen schmutzige Gelder vorgegangen werden soll. Solange Kriminelle nicht viel stärker den Einzug ihres Vermögens fürchten müssen, wird Deutschland ein beliebtes Ziel bei Geldwäschern bleiben. In Zukunft sollte gelten: Wenn der wirtschaftlich Berechtigte eines großen Vermögenswertes nicht transparent gemacht wird, beschlagnahmen Behörden diesen“, sagte der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete. Im Grundsatz begrüßte Schick die Pläne Lindners: „Endlich geht ein Finanzminister die chaotischen Zustände bei der Geldwäscheaufsicht im Nicht-Finanzsektor an. Diese Klärung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern hat Finanzwende schon lange gefordert, weil die bisher zuständigen Bundesländer hier krass versagt haben“, sagte er.

(jd/mar/dpa/afp)
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