Debatte um „Hetzjagd“ in Chemnitz SPD und Grüne fordern Entlassung Maaßens

Berlin · Die SPD-Spitze fordert von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass sie für die Ablösung von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen sorgt. Auch die Grünen fordern den Neustart durch Entlassung.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil (Archivfoto).

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil (Archivfoto).

Foto: dpa/Christoph Schmidt

Für die SPD-Parteiführung ist völlig klar, dass Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, gehen muss. „Merkel muss jetzt handeln“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Donnerstag mit Blick auf Maaßens Einlassungen zu ausländerfeindlichen Vorfällen in Chemnitz.

Maaßen steht seit Tagen wegen seiner Äußerungen zu den Vorfällen bei rechtsgerichteten Kundgebungen in Chemnitz in der Kritik. Am Mittwoch musste er sich deswegen Anhörungen im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) und im Innenausschuss des Bundestages stellen.

Mehrere SPD-Politiker forderten danach, bei einem Verbleib Maaßens im Amt die Koalition mit der Union in Frage zu stellen. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius rechnet nach den jüngsten Enthüllungen über die AfD-Kontakte von Maaßen mit dessen Rücktritt. „Wenn die jüngsten Informationen über die Vorab-Weiterleitung des Verfassungsschutzberichtes an die AfD stimmen, ist er nicht haltbar, er müsste zurücktreten“, sagte Pistorius unserer Redaktion.

Es stelle sich die Frage, zu welchem Zweck er die AfD in dieser Weise mit Informationen versorgt und um welche es sich dabei gehandelt habe. „Wenn diese sogar geeignet waren, der AfD zu helfen, einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu entgehen, wäre dies mehr als ein handfester Skandal“, sagte Pistorius. In jedem Fall verschärfe sich die Krise für den Bundesinnenminister weiter, auch wenn er sich am Vortag noch hinter Maaßen gestellt habe.

SPD-Vize Ralf Stegner schrieb bei Twitter: „Der Ball liegt jetzt im Feld der Kanzlerin und des CSU-Vorsitzenden. Herr Maaßen ist in seinem Amt nicht mehr tragbar und muss gehen!“ Andere Sozialdemokraten äußerten sich vorsichtiger. Die SPD werde „wegen Herrn Maaßen nicht die Koalition verlassen“, sagte Fraktionsvize Eva Högl im RBB.

Damit droht direkt nach Ende der Sommerpause die nächste Zerreißprobe für die erst ein halbes Jahr amtierende große Koalition. SPD-Chefin Andrea Nahles hatte am Montag von Maaßen klare Belege für seine Aussagen in der „Bild“-Zeitung eingefordert: „Sollte er dazu nicht in der Lage sein, dann ist er in seinem Amt nicht länger tragbar“. Maaßen hatte in einem Interview gesagt, es lägen keine Belege dafür vor, dass ein im Internet kursierendes Video mit Angriffen auf Ausländer authentisch sei. Später relativierte er dies. Maaßen hatte auch Merkel widersprochen, wonach es Hetzjagden in Chemnitz gegeben habe. Zudem betrachtet die SPD ihn mit Argwohn, weil er sich mehrfach mit AfD-Vertretern getroffen hatte.

Nach einer Sitzung des Innenausschusses des Bundestags hatte Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Mittwoch Maaßen dennoch sein Vertrauen ausgesprochen.

Auch die Grünen haben angesichts des Krisentreffens im Kanzleramt die sofortige Entlassung von Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen und einen grundlegenden Neustart beim Bundesamt für Verfassungsschutz gefordert. „Das Ergebnis des heutigen Koalitionstreffens kann nur die sofortige Entlassung von Maaßen sein“, sagte Grünen-Fraktionschef Snton Hofreiter unserer Redaktion. „Wer nach dem größten islamistischen Anschlag in Deutschland das Parlament belügt, die AfD mit möglicherweise internen Informationen versorgt und mit kruden Äußerungen von rechtsextremistischen Taten ablenken will, statt seine Rolle als Behördenchef ernst zu nehmen, der kann nicht länger für den Schutz unserer Verfassung verantwortlich sein“, sagte Hofreiter. „Eine Entlassung allein reicht aber nicht. Es braucht einen grundlegenden Neustart beim Verfassungsschutz“, sagte der Grünen-Politiker. Es gehe darum, die Verfassung zu schützen statt sie zu beschädigen.

(mba/mz/dpa/AFP)
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