Regierungserklärung zu Chemnitz Sachsens Ministerpräsident Kretschmer attackiert die AfD

Dresden · Der sächsische Ministerpräsident Kretschmer gibt der AfD eine Mitverantwortung für die ausländerfeindlichen Proteste in Chemnitz. Die Einwohner der Stadt nimmt der CDU-Politiker dagegen in Schutz.

 Schweigeminute für Daniel H.: Michael Kretschmer im sächsischen Landtag.

Schweigeminute für Daniel H.: Michael Kretschmer im sächsischen Landtag.

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) ruft nach den Ausschreitungen in Chemnitz zum entschiedenen Einsatz gegen Rechtsextremismus auf. „Ich bin der festen Überzeugung, dass der Rechtsextremismus die größte Gefahr für unsere Demokratie ist“, sagte Kretschmer am Mittwoch bei einer Regierungserklärung im Dresdner Landtag. Er kündigte an, dass bei der Staatskanzlei ein Opferschutzbeauftragter installiert wird und es auch bei Kommunen Ansprechpartner geben soll. Zudem werde in der Justiz am Konzept einer Null-Toleranz-Strategie und verkürzter Verfahren gearbeitet.

Der Kampf gegen Extremisten müsse aus der Mitte der Gesellschaft heraus geführt werden, betonte der Ministerpräsident. „Es ist Zeit zum Handeln in ganz Deutschland“, sagte er. „Es geht um unsere Demokratie. Wir müssen gemeinsam anpacken.“ Wenn Menschen ausländischen Aussehens wie in Chemnitz angegriffen würden, müsse sich jeder davorstellen, erklärte Kretschmer: „Das ist eine Frage von Anstand und Zivilcourage.“

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Foto: dpa/Sebastian Willnow

Der CDU-Politiker übte scharfe Kritik an der AfD. Wer in Kundgebungen neben Leuten stehe, die Ausländer als Gelumpe oder Viehzeug bezeichneten oder wer Begriffe wie „Volksverräter“ verwende, stelle sich „außerhalb jeder Rechtsordnung“, sagte der CDU-Politiker und erklärte in Richtung der AfD-Fraktion: „Sie sind für die Spaltung in unserem Land zum großen Teil verantwortlich. Sie sind an den Dingen, die in Chemnitz sind, mitverantwortlich.“ Am Samstag hatten AfD-Politiker zusammen mit Vertretern der ausländerfeindlichen Gruppen Pegida und Pro Chemnitz protestiert.

Das den Auseinandersetzungen vorangegangene „furchtbare Tötungsdelikt“ werde mit aller Konsequenz und Härte aufgeklärt, die Täter würden bestraft werden, sagte Kretschmer weiter. Er dankte der Polizei. Sie habe die Sicherheit in Chemnitz auch in Unterbesetzung gewährleistet. Erneut wandte sich der sächsische Ministerpräsident gegen pauschale oder falsche Urteile über Chemnitz. „Klar ist: Es gab keinen Mob, keine Hetzjagd und keine Pogrome.“ Es seien weder alle Chemnitzer gewesen noch eine Mehrheit, die bei den Demonstrationen in der Stadt ausfällig geworden seien. Es sollten nicht die an den Pranger gestellt werden, die aus Wut über das Tötungsdelikt in Chemnitz auf die Straße gegangen seien. „Die sind nicht rechtsextrem“, sagte Kretschmer. „Aber die, die es getan haben, sind schlimm genug - und denen sagen wir den Kampf an.“

Hingegen hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach den rechten Protesten Ende August gesagt: „Wir haben Videoaufnahmen darüber, dass es Hetzjagden gab, dass es Zusammenrottungen gab, dass es Hass auf der Straße gab, und das hat mit unserem Rechtsstaat nichts zu tun.“ Die Generalstaatsanwaltschaft in Dresden teilte vor wenigen Tagen mit, die Auswertung von Videos sei zwar noch nicht abgeschlossen. Ein Sprecher sagte aber: „In dem Teil, in dem wir bereits gesichtet haben, wurden keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass es solche Hetzjagden gegeben haben könnte.“ Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert sagte daraufhin: „Es bleibt aber dabei, dass Filmaufnahmen zeigen, wie Menschen ausländischer Herkunft nachgesetzt wurde und wie sie bedroht wurden.“

Die Polizei wurde anfänglich wegen ihrer Einsatzplanung und der zu geringen Zahl an Kräften kritisiert. Zwei mutmaßlich aus Syrien und dem Irak stammende Männer sitzen wegen des Tötungsdelikts in Untersuchungshaft. Nach einem dritten Tatverdächtigen wird seit Dienstag gefahndet.

(wer/dpa/AFP/epd)
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