Chef der Wirtschaftsweisen zur Klimadebatte So funktioniert die CO2-Steuer

Berlin · Eine breite Koalition fordert, den Kohlendioxid-Ausstoß zu besteuern. Der Chef der Wirtschaftsweisen erläutert, wie es geht, ohne die Steuerlast zu erhöhen. Die Schweiz zeigt, wie man den Sozialausgleich organisiert.

 Prof. Christoph Schmidt ist Präsident des RWI und Chef der Wirtschaftsweisen.

Prof. Christoph Schmidt ist Präsident des RWI und Chef der Wirtschaftsweisen.

Foto: sven lorenz

Deutschland verfehlt seine Kimaziele und die junge Generation macht jeden Freitag deutlich, dass sie das nicht hinnehmen will. Nun will eine Koalition von Wirtschaftsweisen, Grünen, SPD- und CDU-Politikern eine CO2-Steuer, um den Ausstoß an Treibhausgasen wie Kohlendioxid zu senken.

Was ist eine CO2-Steuer? Das ist eine Steuer, die sich nach dem Ausstoß an Kohlendioxid (CO2) richtet. Sie soll auf den Preis des Energieträgers aufgeschlagen werden. Das heißt, der Kraftwerksbetreiber bezahlt sie beim Kauf von Kohle oder Gas, der Autofahrer beim Kauf von Sprit und der Hausbesitzer beim Einkauf von Heizöl oder Gas für die Heizung.

Was soll sie bringen? Bisher versucht die Politik, mit dem europäischen Emissionshandelssystem (ETS) den Ausstoß an Treibhausgasen zu senken. Ein Problem ist, dass das ETS nur Stromerzeuger und Teile der Industrie erfasst. Andere Bereiche wie  Verkehr bleiben außen vor. Dabei verursacht der Verkehr fast ebenso viel CO2 wie die Industrie und macht noch nicht mal Fortschritte. 2018 war der Verkehr für 162 Millionen Tonnen CO2 verantwortlich, das ist fast so viel wie 1990. Die Industrie (samt Stromerzeuger) senkte den Ausstoß dagegen um ein Drittel auf 196 Millionen Tonnen.

„Die Bundesregierung sollte in der Klimapolitik den bisherigen volkswirtschaftlich ineffizienten Kurs verlassen und stattdessen auf eine marktwirtschaftliche Strategie umschwenken. Am besten wäre es, wenn man das europäische Emissionshandelssystem ausbauen würde, indem man es neben der Industrie und  Energiewirtschaft auf die Bereiche Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft ausweitet“, sagte Christoph Schmidt, Präsident des RWI-Leibniz-Instituts und Chef der Wirtschaftsweisen, unserer Redaktion. „Sollte sich dies politisch nicht umsetzen lassen, wäre die zweitbeste Lösung, einen Mindestpreis im ETS mit einer (mit diesem Mindestpreis harmonisierten) CO2-Steuer in den nicht vom ETS erfassten Bereichen einzuführen.“

Wie funktioniert die Steuer? „Sinnvollerweise startet man dabei mit 20 Euro je Tonne CO2 und erhöht die Steuer bis zum Jahr 2030 auf 35 Euro je Tonne“, sagt Schmidt. Der Charme dabei: „Dann hätte CO2 in allen Bereichen denselben Preis und würde dort vermieden, wo dies am kostengünstigsten ist.“

Wie verhindert man soziale Verwerfungen? Das Problem bei einer CO2-Steuer ist, dass sie auch sozial Schwache trifft, die sich kein klimafreundliches Auto oder gut isolierte Wohnungen leisten können. Daher sehen die Modelle einen Sozialausgleich vor. „Der Staat muss auf den sozialen Ausgleich achten: Würden beispielsweise die Einnahmen aus einer CO2-Steuer als Pauschale pro Kopf den Bürgern zurückerstattet, würde dies einkommensschwachen Haushalten in besonderem Ausmaß zugute kommen“, sagt Schmidt. „Das Beispiel Schweiz zeigt, dass so etwas funktionieren kann.“  Hier gibt es seit 2008 eine Abgabe auf Heizöl, Erdgas und Kohle. Zwei Drittel der Einnahmen gehen an die Bürger zurück – und zwar werden sie mit den Krankenkassen-Beiträgen verrechnet.

Wie verhindert man, dass die Steuerlast steigt? Der Bund der Steuerzahler lehnt die CO2-Steuer reflexhaft ab – wie zunächst auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Dabei muss die CO2-Steuer gar nicht zu mehr Belastung führen. „Die CO2-Steuer darf nicht dazu dienen, dem Staat höhere Einnahmen zu bescheren“, warnt der Wirtschaftsweise. „Netto dürfen die Bürger nicht stärker belastet werden als beim bisherigen volkswirtschaftlich ineffizienten Kurs. Das heißt, andere Abgaben wie die Stromsteuer müssten im Gegenzug zurückgeführt werden.“

Auch hierfür gibt es ein Vorbild: Schweden hat 1991 eine CO2-Steuer eingeführt und zwar im Rahmen einer umfassenden Steuerreform. Andere Steuern gingen runter. Die CO2-Steuer stieg von 24 Euro auf nun 114 Euro pro Tonne. Klimapolitisch ist der Erfolg groß: Die Schweden heizen kaum noch mit fossilen Brennstoffen.

Warum streitet die Union?  Eigentlich sollte der CDU-Vorstand schon in der vorigen Woche ein Papier des niedersächsischen Ministers Bernd Althusmann und des baden-württembergischen Ministers Thomas Strobl zum Thema Mobilität beschließen. Althusmann plädiert für eine sozialverträgliche und belastungsneutrale CO2-Steuer. Das Gremium konnte sich aber nicht einigen. Am Samstag sagte Kramp-Karrenbauer: „Wir brauchen intelligentere Methoden, als einfach nur nach neuen Steuern zu rufen.“ NRW-Ministerpräsident Armin Laschet bezeichnete es dagegen als falsch, „einfach Nein zu sagen“. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus warnte vor Denkverboten. Am Montag ruderte die CDU-Chefin zurück und erklärte im „Deutschlandfunk“, es sei klar, dass die Klimaschutzziele nicht erreicht werden, „ohne dass die Maßnahmen am Ende spürbar sind, sowohl in der Wirtschaft als auch beim Endverbraucher.“

Das Problem für die Union ist, dass sie von den Grünen und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) getrieben wird. Und das Problem von Kramp-Karrenbauer ist, dass ihre Autorität in den vergangenen Tagen gelitten hat. Sie bekommt in einer Sachfrage nun Gegenwind vom liberalen Flügel der Partei, der so auf sie als neue Chefin gesetzt hat. Nicht ausgeschlossen, dass daraus eine Machtfrage wird.

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