Nach Funktionärs-Festnahme Chancen auf NPD-Verbot steigen offenbar

Berlin · Nach der Festnahme eines früheren NPD-Funktionärs als mutmaßlichem Helfer der Zwickauer Terrorzelle werden einem Verbot der rechtsextremen Partei bessere Chancen eingeräumt. Wenn sich die Verbindung zwischen der NPD und der Mordserie nachweisen lasse, stiegen die Chancen für ein erfolgreiches Verbotsverfahren erheblich, sagte der Chef des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), am Mittwoch im ZDF.

Festnahme des mutmaßlichen Neonazi-Terroristen Andre E.
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Auch der SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann sprach wegen der Festnahme des früheren NPD-Mitgliedes und mutmaßlichen Helfers der Terrorzelle, Ralf W., vor Journalisten von einer "neuen Qualität". Die Festnahme zeige, dass die NPD "nicht nur den geistigen Nährboden für Rechtsextreme bietet, sondern NPD-Mitglieder auch Teil des braunen Unterstützernetzwerks für die Rechtsterroristen waren", fügte er in der Tageszeitung "Welt" hinzu. "Das seien für ein neues Verbotsverfahren "gewichtige Erkenntnisse".

Auch für Grünen-Chefin Claudia Roth verdichten sich die Hinweise auf "eine Verbindung des Rechtsterrorismus mit der NPD". Die Bundesregierung müsse Konsequenzen ziehen und die Voraussetzungen für ein "neues, diesmal aber auch wirklich erfolgreiches NPD-Verbot schaffen", sagte sie der "Welt".

Ralf W. war am Dienstag in Jena festgenommen worden. Der 36-Jährige, der Berichten zufolge früher NPD-Vize in Thüringen war, soll den Zwickauer Terroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe 2001 oder 2002 eine Schusswaffe und Munition verschafft haben.

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sagte der "Welt": "Wenn es einen klar belegbaren und belastbaren Zusammenhang zwischen der NPD-Mitgliedschaft und der Terrorgruppe NSU geben sollte, dann wäre das ein wichtiges Argument in Sachen NPD-Verbotsverfahren. Die V-Leute-Problematik würde nicht mehr im Mittelpunkt stehen."

Pro und Kontra für V-Leute

Oppermann sagte dazu, die V-Leute würden nicht gebraucht, um die Verfassungsfeindlichkeit der NPD nachzuweisen. Bosbach äußerte sich wiederum zurückhaltend zu einem Verzicht auf V-Leute in der NPD. Dies berge die Gefahr in sich, dass der Staat während der vermutlich langen Dauer eines Verbotsverfahrens keine Informationen mehr bekomme, sagte der CDU-Politiker.

2003 war ein erstes Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, weil zu viele Informanten des Verfassungsschutzes in der NPD waren. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte zu einem möglichen neuen Anlauf für ein NDP-Verbotsverfahren, dieser müsse "wirklich hinreichend Aussicht auf Erfolg haben". Verfahrenshindernisse müssten "von Anfang an beseitigt werden".

Am Mittwoch befasste sich das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) des Bundestages mit den Vorgängen um die rechtsextreme Mordserie. Dabei wurde auch beraten, in welcher Form die Angelegenheit weiter aufgeklärt werden solle. Oppermann bekräftigte die Forderung seiner Partei, eine Bund- und Länderkommission einzurichten.

Leutheusser-Schnarrenberger signalisierte Gesprächsbereitschaft in der Debatte über eine Großdatei mit Informationen zu gewalttätigen Rechtsextremisten. Sie sei mit einer solchen Datenbank einverstanden, wenn dadurch die Nutzung von Informationen über Neonazis, Kameradschaften und gewalttätige Rechtsextreme verbessert werden könne, sagte sie im Deutschlandradio Kultur.

(AFP)
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