Diskussion um Obergrenze CDU will Kontingent für Flüchtlinge

Berlin/Düsseldorf · Durch klare Zuteilung soll die Zahl der Migranten begrenzt werden. Auch die SPD setzt auf diese Lösung. Könnte die Kanzlerin sie durchsetzen, liefe das auf die von ihr ungeliebte Obergrenze hinaus.

 Flüchtlinge warten an der deutsch-österreichischen Grenze in Wegscheid bei Passau.

Flüchtlinge warten an der deutsch-österreichischen Grenze in Wegscheid bei Passau.

Foto: ap

Im Streit mit der CSU über die Begrenzung der Flüchtlingszahl setzt die CDU jetzt auf eine Kontingentlösung. Demnach müsste jedes EU-Land mittelfristig ein mit der Türkei und anderen Staaten des Nahen Ostens fest vereinbartes Kontingent an Migranten aufnehmen. Die unkontrollierte Migration über das Mittelmeer würde so eingedämmt. Auch die SPD plädiert für eine solche Lösung.

Aber die ist nicht in Sicht: Viele EU-Staaten lehnen eine Verteilquote für Flüchtlinge ab. Polen hatte sogar eine bereits erzielte Einigung über die Verteilung von nur 160.000 Migranten wieder aufgekündigt. Um die Kontingentlösung durchzusetzen, müsste die Kanzlerin in den kommenden Wochen enorme diplomatische Erfolge erzielen.

Eine Kontingentierung würde de facto eine Obergrenze der Flüchtlingszahlen für Deutschland bedeuten. Diese Obergrenze wird von der CSU vehement gefordert, von CDU-Chefin Angela Merkel bisher aber abgelehnt. Auch auf dem CSU-Parteitag hatte sie am Freitag diese Linie gehalten - und war deshalb auf offener Bühne von CSU-Chef Horst Seehofer vorgeführt worden.

Seehofer hatte die sichtlich verärgerte Merkel auf dem Parteitag minutenlang neben sich stehenlassen, scharf kritisiert und kaum verabschiedet. "Wie Seehofer die Kanzlerin stehengelassen hat, war vom Stil her nicht in Ordnung. Man kann unterschiedlicher Auffassung sein, aber man sollte sich dabei anders verhalten", sagte Günter Krings (CDU), Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Allerdings war die Unterstützung für Merkel aus der CDU nicht überwältigend. NRW-CDU-Chef Armin Laschet etwa wollte sich zu dem Vorgang gar nicht äußern. "Wenn Laschet der Kanzlerin nach diesem Eklat nicht den Rücken stärkt, sagt das auch etwas aus", sagte gestern ein CDU-Fraktionsmitglied in NRW.

"Eine Kontingentlösung für die Flüchtlinge, die nach Europa kommen, ist ein entscheidender Mosaikstein zur Begrenzung und Steuerung der Migration", sagte Unionsfraktionsvize Thomas Strobl. "Ich hoffe, dass die Kanzlerin schon in den nächsten Wochen bei ihren internationalen Verhandlungen mit der Türkei, dem Libanon und innerhalb der EU im Hinblick darauf erfolgreich ist. Eine Lösung erwarte ich schon zu Beginn nächsten Jahres."

"Ein Kontingent bedeutet automatisch eine Begrenzung der Anzahl von Flüchtlingen", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) der "Bild am Sonntag". Sein Staatssekretär Günter Krings (CDU) ergänzte: "Am Ende kann unser Ziel nur eine Kontingentlösung für Flüchtlinge sein, die nach Europa wollen. Nur so bekommen wir wieder eine Ordnung und Begrenzung des Flüchtlingszuzugs hin." Die Regierung müsse "jetzt hartnäckig dafür arbeiten, dass sich die EU-Staaten auf eine solche Kontingentlösung einigen". Klar sei, dass dieses Ziel nicht sofort erreicht und der System-Übergang auch nicht einfach zu organisieren sein werde. "Der Begriff Obergrenzen ist nicht zielführend, weil wir bei keiner Lösung im Voraus zahlenmäßig exakt sagen können, ab da ist eine Grenze erreicht", sagte Krings. "Aber wir brauchen klar definierte Kontingente, eine faire Verteilung der Flüchtlinge auf ganz Europa und zugleich eine wirksame Kontrolle der EU-Außengrenzen."

Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Der Bundestag solle in Abstimmung mit der EU und dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen "jedes Jahr aufs Neue über die Größe der Kontingente entscheiden, die wir aufnehmen können."

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(mar)
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