Koalition mit dem BSW Über 2000 Nein-Stimmen in der CDU zu Wagenknecht
Exklusiv | Berlin · CDU-Chef Friedrich Merz fordert, den Verhandlern in Sachsen und Thüringen mit Blick auf die Partei von Sahra Wagenknecht keine „Ratschläge von der Seitenlinie“ zu geben. Doch der Widerstand in der Union gegen eine Koalition wächst rasant.
Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) fühlte sich am Montagabend vor seiner Fraktion im Bundestag zu eindringlichen Worten genötigt. Die Wahlen in Sachsen und Thüringen, die kniffligen Koalitionsfragen dort veranlassten Merz dazu, an die Abgeordneten zu appellieren, den Verhandlern vor Ort keine „Ratschläge von der Seitenlinie“ zu geben, wie Teilnehmer berichteten. Nach den Wahlergebnissen seien jetzt „schwierigste Gespräche“ zu führen. Wohl wahr. Allerdings wächst in der Union zugleich der Widerstand gegen eine mögliche Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Und das rasant. Merz dürfte das gar nicht gefallen.
In Sachsen holte die Wagenknecht-Partei aus dem Stand 11,8 und in Thüringen 15,8 Prozent. Für die Union, die mit Michael Kretschmer und Mario Voigt in beiden Ländern den Ministerpräsidenten stellen will, ist das BSW somit zum wichtigen Faktor auf dem Weg zur Macht in Dresden und Erfurt geworden. Vor der Fraktion erklärte Merz weiter, mit Sahra Wagenknecht habe man keine Gemeinsamkeiten in der Außen- und Verteidigungspolitik. Und mit Blick auf Kretschmer und Voigt betonte der Vorsitzende: „Geben Sie diesen beiden das Vertrauen, dass sie die Gespräche führen. Es wird keine Grenzüberschreitungen aus Sicht der CDU geben.“
Ein Merz-Versprechen. Denn vor allem Wagenknecht persönlich verknüpft eine Zusammenarbeit in den beiden Freistaaten immer wieder mit bundespolitischen Themen wie etwa dem Ukraine-Krieg oder der Stationierung von US-Mittelstreckenraketen. Die Positionen der Union dazu sind eindeutig und mit denen des BSW nicht zu vereinbaren. Manch einer in der Union wirft Wagenknecht und ihren Getreuen dann auch vor, nur die nächste Partei „zerstören“ zu wollen - die CDU.
Merz betonte noch, die Gespräche könnten sehr lange dauern. Ob der Fraktionschef für seine Einlassungen zum BSW viel Zustimmung erhielt, ist nicht überliefert. Anders aber für eine Erklärung zur AfD, die Merz während der Sitzung ebenfalls abgab: „Es wird keine Gespräche oder Zusammenarbeit mit der AfD geben, dabei muss es bleiben.“ Dafür soll es laut Unionskreise „großen Applaus“ gegeben haben.
Nun ist das weitere Verhältnis zur AfD derzeit nur eine eher kleine Baustelle für Merz im Vergleich zum BSW. Im Nacken sitzen dem Vorsitzenden offenbar immer mehr Christdemokraten aller Ebenen, die eine Koalition in Sachsen und Thüringen kategorisch ablehnen, weil die Positionen des BSW, so überhaupt bekannt, ganz und gar nicht zu den Werten der Union passen. Der Widerstand wächst. Frank Sarfeld, CDU- und CSU-Mitglied, startete vergangene Woche eine entsprechende Kampagne. „Inzwischen haben sich der Initiative mehr als 2000 Unterstützer angeschlossen. Per Mail, per WhatsApp und über viele soziale Netzwerke“, so Sarfeld zu unserer Redaktion. Man arbeite jetzt daran, wie man weiter damit umgehen wolle, „vor allem nach der Brandenburg-Wahl. Das Thema bleibt uns erhalten.“
Den Merz-Appell bewertet Sarfeld daher so: „Hieß es nicht immer, in der Merkel-Union sei nicht diskutiert worden?“ Abgesehen davon, dass diese Behauptung falsch gewesen sei, „jetzt wird munter debattiert, auch einfache Parteimitglieder melden sich zu Wort. Das soll auch nicht recht sein?“ Die Union als einzig verbliebene Volkspartei lebe vom innerparteilichen Diskurs ohne Denkverbote. „Das ist gut so. Und das muss so bleiben“, betont der Unionsmann.