Berlins CDU-Spitzenkandidat Wegner Wie Kai aus der Berliner Kiste
Analyse | Berlin · Kai Wegner (50) ist der CDU-Spitzenkandidat für die Wiederholungswahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus im Februar. Durchaus möglich, dass die Union mit ihm zur stärksten Kraft wird. Doch was dann?
Ein Kandidat, dem die Herzen der Berliner zufliegen, ist er nicht. Auch keiner mit großem Charisma. Aber vielleicht kommt es bei dieser Wiederholungswahl auch nicht so sehr darauf an. Schon gar nicht seit der Silvesternacht. Kai Wegner will es noch mal wissen. Er ist zum zweiten Mal CDU-Spitzenkandidat, diesmal für die Abgeordnetenhauswahl am 12. Februar. Ein Urnengang, auf den auch Parteichef Friedrich Merz genau schaut.
Laut Umfragen könnte Wegner diesmal wie Kai aus der Kiste kommen, nachdem er mit seiner CDU im September 2021 Platz drei belegte. Die Wahl muss wegen vieler Pannen wiederholt werden und siehe da, bei den Demoskopen liegt die Hauptstadt-Union mit über 20 Prozent mal vorne, mal gleichauf mit den Hauptkonkurrenten SPD und Grüne. Es wird eng im Kampf um das Rote Rathaus.
Die Silvesternacht mit den chaotischen Zuständen in manchen Berliner Stadtteilen und den heftigen Angriffen auf Einsatzkräfte hat den rot-grün-roten Senat mächtig unter Druck gesetzt. Die Vorkommnisse und die Konsequenzen daraus dominieren derzeit den eher kurzen Wahlkampf. Die Union kann sich nun als das präsentieren, was sie gerne sein will - innenpolitischer Hardliner. Ein Wahlplakat sorgte schon vor den Krawallen für Aufsehen: „Was Kriminelle bald häufiger hören: Haftbefehl“, plakatierte die CDU. Ob die Anspielung auf den gleichnamigen deutschen Rapper bewusst gewählt worden war, ist nicht überliefert. Aber das Thema war damit geschickt gesetzt. Und Wegner in vieler Munde. Auf der anderen Seite gerieten die Christdemokraten dann schwer in die Kritik, weil sie die Vornamen deutscher Tatverdächtiger für die Silvester-Krawalle wissen wollten. Aus Sicht vieler kein besonders kluger Schachzug.
Die fehlende Bekanntheit war vor der September-Wahl 2021 Wegners großes Manko. Seitdem hat der 50-Jährige, der zum zweiten Mal verheiratet ist und drei Kinder hat, konsequent daran gearbeitet, das zu ändern. Der Senat macht es ihm auch relativ leicht. Speziell SPD und Grüne kämpfen mit harten Bandagen gegeneinander, die Probleme Berlins sind groß, vom schlechten Zustand der Verwaltung über fehlende Lehrer bis hin zu hoher Kriminalität und der großen Wohnungsmisere. Vieles zum Besseren hat sich unter Rot-Grün-Rot noch nicht verändert. Es heißt, Wegner sei „in allen Themen gut zuhause“. Die Frage ist allerdings auch, ob die Wähler ihm mehr zutrauen als der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und der Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch, ihres Zeichens Umweltsenatorin.
Wegner ist zwar blass, Giffey dafür eher unbeliebt – und von Jarasch und ihren verkehrspolitischen Vorstellungen ist mancher in der Hauptstadt gehörig genervt. Das ist die Ausgangslage. Wegners Ziel: „Berlin muss endlich wieder funktionieren.“ Das gehöre zu den Hauptaufgaben der nächsten Jahre, so der CDU-Mann kürzlich zu unserer Redaktion. Fakt ist, Wegner kennt die Stadt genau, was auch daran liegt, dass er sich seit seiner Jugend engagiert. Er ist der klassische Parteisoldat, der intern respektiert wird; fast alle Ämter und Mandate, die es so gibt, hat er schon mal innegehabt. Das hat dabei geholfen, als Landesvorsitzender die Partei fest im Griff zu haben. Der Intrigantenstadl von einst spurt bisher.
Sollte die Berliner CDU den Sprung auf Platz eins schaffen, wäre dies auch aus Sicht der Bundespartei eine kleine Sensation nach Jahrzehnten des Darbens in der Hauptstadt. Der CDU-Vorsitzende Merz könnte einen starken Aufschlag in das Wahljahr 2023 verbuchen – wobei für Merz die Urnengänge in Hessen und Bayern im Herbst weitaus wichtiger sind. Käme es so, muss Wegner allerdings einen Koalitionspartner finden. Schwarz-Grün könnte eine Option sein, wie er jetzt erkennen ließ. Die Hürden sind freilich groß, wenn man die Wahlprogramme vergleicht. Auch eine GroKo mit der SPD könnte möglich sein. Nur: Die anderen müssten auch wollen. Und danach sieht es im Moment nicht aus.
- Lesen Sie hier alle Infos zur Abgeordnetenhaus-Wahl in Berlin.
- Das Porträt zu SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey finden Sie hier.
- Das Porträt zur Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch lesen Sie hier.