Gesundheitspolitik CDU-Politiker: Übergewichtige sollen mehr zahlen

Berlin (RPO). Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz hat vor dem Hintergrund steigender Gesundheitskosten einen höheren finanziellen Beitrag von Übergewichtigen ins Spiel gebracht.

"Es muss die Frage erlaubt sein, ob die immensen Kosten, die zum Beispiel durch übermäßigen Esskonsum entstehen, dauerhaft aus dem solidarischen System beglichen werden können", sagte Wanderwitz "Bild.de" Er halte es für sinnvoll, dass bewusst ungesund lebende Menschen eine eigene Verantwortung auch in finanzieller Hinsicht tragen müssten.

Auch der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem forderte eine Diskussion über die Belastungen des Gesundheitssystems durch Übergewichtige. Wasem sagte der Zeitung: "Man sollte, wie bei Tabakwaren, den Kauf gesundheitsschädlicher Konsumgüter höher besteuern und teilweise ins Gesundheitssystem führen. Das betrifft Alkohol, Schokolade oder Risikosportgeräte wie Drachenflieger." Dicke Menschen belasten dem zeitugnsbericht zufolge das Gesundheitssystem laut einer Studie mit 17 Milliarden Euro pro Jahr.

Nach einer unveröffentlichten Studie der Jacobs-University Bremen unterstützt die Mehrheit der Deutschen höhere Beiträge bei ungesunder Lebensweise, wie es in dem Bericht weiter hieß. "Die Mehrheit der Versicherten befürwortet höhere Zuzahlungen bei ungesunden Verhaltensweisen", sagte die Initiatorin der Studie, Adele Diederich, "Bild".

Koalitionspolitiker erteilen deutliche Absage

Koalitionspolitiker erteilten dem Vorschlag, Übergewichtige stärker finanziell zu belasten, allerdings eine deutliche Absage. "Eine Stärkung der Eigenverantwortung der Versicherten ist erklärtes Ziel der Koalition. Aber eine Gesundheitspolizei, die kontrolliert, wer was isst, um ihn dann zu bestrafen, wird es mit uns nicht geben", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Jens Spahn (CDU).

Die Forderung sei nicht Teil der Reformüberlegungen, sagte auch die FDP-Gesundheitspolitikerin Ulrike Flach. "Der Versuch, einzelne Gruppen mit höheren Beiträgen zu belasten, scheitert schon allein an einer vernünftigen Abgrenzung." Denn Übergewicht sei nicht zwangsweise die Folge unvernünftigen Essens, sondern in vielen Fällen krankhaft bedingt.

Empörung bei der Opposition

Die Oppositionsparteien reagierten empört auf den Vorstoß des CDU-Politikers. So sprach der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach von einem "schwachsinnigen Vorschlag". Oft führten genetische oder psychische Veranlagungen zu Übergewicht. Notwendig sei vielmehr eine bessere Vorbeugung bei Kindern und Hochrisikogruppen. Dazu habe Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) bislang keine Vorschläge gemacht. Bei der Forderung, Dicke finanziell stärker zu belasten, handle es sich um eine weitere Variante der Devise "wie ziehe ich die Bürger ab".

Die Grünen-Ernährungsexpertin Ulrike Höfken bezeichnete den Vorschlag als "diskriminierend und zynisch". Höhere Beiträge würden garantiert nicht beim Kampf gegen die Pfunde und die hohen Kosten ernährungsbedingter Krankheiten von fast 100 Milliarden Euro im Jahr helfen. "Statt fiesem Populismus brauchen wir endlich ein Bund-Länder-Programm für eine vernünftige Kindergarten- und Schulernährung", forderte Höfken.

Der Linke-Politiker Harald Weinberg nannte Wanderwitz' Vorschlag "plumpes Sommerlochtheater". Wer Beiträge zur Krankenversicherung nach dem Verursacherprinzip staffeln und den Leistungskatalog zerpflücken wolle, mache aus der Krankenversicherung eine Farce. "Ansonsten könnte man auch die Beiträge nach Intelligenz variieren, was für den Sommerlochfüller von der Union womöglich negativ ausgehen würde."

(DDP/AFP/felt)
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