Parteitreffen in Weimar CDU-Klausur – Auf der Suche nach dem „Kracher“

Analyse | Weimar · Die CDU geht in Weimar in Klausur. Das ist auch dringend notwendig - der Partei fehlt es an zündenden Inhalten. Oder anders: Sie sucht nach Meinungsführerschaft. Das Problem ist freilich, dass ausgerechnet der Vorsitzende den Plan zwischenzeitlich durchkreuzt.

 CDU-Chef Friedrich Merz (l.) und Generalsekretär Mario Czaja. Vor der Klausur in Weimar besuchte der Bundesvorstand der Union noch die Wartburg bei Eisenach.

CDU-Chef Friedrich Merz (l.) und Generalsekretär Mario Czaja. Vor der Klausur in Weimar besuchte der Bundesvorstand der Union noch die Wartburg bei Eisenach.

Foto: dpa/Martin Schutt

Wer Suchender ist, wird in Weimar fündig. Untrennbar verbunden ist die Stadt mit Goethe und Schiller, das bronzene Standbild der beiden vor dem Deutschen Nationaltheater zeugt davon. Es gibt unzählige andere Sehenswürdigkeiten für kulturgeschichtliche und sonstige Inspirationen. Hier also sucht auch die Union an zwei Tagen nach dem, was mal war – und was künftig sein könnte. Oder wie CDU-Chef Merz ganz nüchtern sagt: „Ich möchte die CDU in den Sachthemen wieder auf die Höhe der Zeit bringen.“ Einfach wird das nicht. Mitunter wegen des Vorsitzenden selbst.

Die Union steckt seit über einem Jahr in der Opposition. Die Bundestagsfraktion hat Merz sortiert, arbeitsfähig gemacht, sie wird tagespolitisch wahrgenommen. Auch, weil die Ampel und der Kanzler es ihr in diesen Krisenzeiten mitunter leicht machen. Aber die Partei? Sie dümpelt vor sich hin, es fehlt an breiter „Meinungsführerschaft“, wie intern eingeräumt wird. Kompetenzen sind seit dem Machtverlust verloren gegangen. Gerade bei den Themen, für die die Union früher gewählt wurde – für ihre Wirtschaftspolitik etwa. Oder aber, für die man heute andere Parteien wählt – für ihre Klimapolitik zum Beispiel.

Die Klausur des CDU-Vorstandes soll daran etwas ändern, künftig wollen die Christdemokraten nur noch verkünden, wofür sie sind. Acht Punkte umfasst der Entwurf der „Weimarer Erklärung“. Darin sieht die CDU die Wirtschafts-, Energie- und Klimapolitik als eine Einheit, man setzt auf marktwirtschaftliche Innovationen und Anreize, auf Forschung und auf Klassiker wie den Bürokratieabbau. Klimaschutz „Made in Germany“ soll ein Exportschlager werden. Für Ärger sorgt der Satz, man wolle den Bau neuer Atomkraftwerke „vorurteilsfrei“ prüfen. Das sei falsch, heißt es, und entspreche auch nicht der Beschlusslage der Partei. Generalsekretär Mario Czaja muss noch vor Beginn klarstellen: „Den Auststieg vom Ausstieg wird es nicht geben.“

Doch reicht die Erklärung am Ende für ein Signal, das nicht am Tag nach der Klausur im Thüringischen schon wieder verpufft ist? „Kein Kracher dabei“, stichelt einer. Die Unionsspitze sieht in dem Treffen freilich nur den Auftakt in ein anspruchsvolles Jahr 2023 – es soll das der konkreten programmatischen Erneuerung werden, an dessen Ende dann im Mai 2024 das neue Grundsatzprogramm steht. Viel Arbeit, viel Schweiß, einige Tränen. Weil alte CDU-Zöpfe abgeschnitten werden sollen. Merz selbst rühmt sich damit, inzwischen sehr viel mehr Zeit in die Parteiarbeit zu investieren. Das ist aber nur das eine. Das andere: Der Union fehlt es an Köpfen, die mit Themen in Verbindung gebracht werden. Fünf Stellvertreter hat der Vorsitzende, aber weitgehend nur er ist wahrnehmbar. Dass es ein personelles Problem gibt in der Partei, weiß man. Wie sich das ändern könnte, noch nicht. Wohl auch nicht nach Weimar.

Hinzu kommt, dass Merz selbst seine CDU öfter in die Bredouille bringt. Es mag sein, dass er für seine umstrittene „kleine Pascha“-Äußerung bei Markus Lanz viel Zuspruch erhalten hat, wie er und andere beteuern. Auch tobt in Berlin der Wahlkampf, und die Silvesterereignisse wirken nach. Aber der Vorsitzende hatte unlängst verkündet, für den Sprung zurück in die Regierung brauche man den Zuspruch von Frauen, Jungen und Migranten. Zumal die Grünen inzwischen als der „Hauptwettbewerber“ gelten. Die verbalen Ausrutscher, angefangen bei „Sozialtourismus“ und vermutlich noch nicht aufhörend bei den Paschas, könnte daher die abschrecken, die die Union eigentlich als Wähler gewinnen will – und die sie braucht, um endlich über die 30 Prozent in den Umfragen zu springen. Das Thema überlagert etwas die Klausur, auch wenn die Spitze dies zu verhindern sucht. Am 24. Januar soll es eine Fraktionssitzung zum Thema Integration geben. in dr Fraktion sind einige mit dem Kurs des Vorsitzenden nicht zufrieden.

Man wollle auf „Innovationen“ setzen, sagt Czaja kurz vor dem Start der Klausur. Das sei das, „was uns jetzt bewegt“. Die Weimarer Schatten von Goethe und Schiller können da nur hilfreich sein.

(has)
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