Bilanz nach CDU-Parteitag Volker Bouffier im Interview: „Es gibt keinen Grund, sich in die Schmollecke zu stellen“

Hamburg · Der stellvertretende CDU-Vorsitzende erwartet von den Unterstützern von Friedrich Merz und Jens Spahn, sich hinter die neue Parteichefin zu stellen.

 Volker Bouffier ist CDU-Vize und hessischer Ministerpräsident.

Volker Bouffier ist CDU-Vize und hessischer Ministerpräsident.

Foto: dpa/Arne Dedert

Generalsekretär Paul Ziemiak ist mit nur 62,8 Prozent gewählt worden. Ist das der erste Dämpfer für die neue Parteichefin Kramp-Karrenbauer?

BOUFFIER Nein. Das zeigt eher eine abwartende Haltung mancher Delegierter, ob das Amt nicht doch zu früh kommt. Wenn man sich die Wahlergebnisse des Parteitags insgesamt anschaut, dann ist das kein schlechtes Ergebnis. Paul Ziemiak weiß, dass dieses Amt eine riesige Herausforderung ist. Das Signal, den Vorsitzenden der Jungen Union zum Generalsekretär zu machen, ist aber richtig. Es ist ein Zeichen an junge Leute in und außerhalb der Partei. Wir brauchen junge Leute. Wir brauchen Leute, die sich wieder für die Union engagieren. Dazu kann Paul Ziemiak einen sehr wichtigen Beitrag leisten.

Besteht nicht ein Loyalitätskonflikt, wenn man erst für Merz und Spahn wirbt und sich dann in den Dienst von Kramp-Karrenbauer stellt? Manche in der Partei sagen sogar „Verräter“.

BOUFFIER Dieser Wettbewerb um den Parteivorsitz war in jeder Hinsicht ein Gewinn für die Partei und für das Land. Ich finde es völlig korrekt, wenn sich jemand für einen Kandidaten ausgesprochen hat und im Fall der Niederlage dieses Kandidaten Loyalität zeigt und sich auch in die Verantwortung nehmen lässt.

Es gibt eine Reihe von Landesverbänden, die sich mit der knappen Entscheidung sehr schwer tun, allen voran Baden-Württemberg, aber auch NRW und Hessen.

BOUFFIER Die Hessen kenne ich sehr gut. Ich habe nicht den Hauch eines Zweifels, dass mein Landesverband für die neue Parteiführung marschiert. Es gibt gute Gründe, warum sich ein Delegierter für Annegret Kramp-Karrenbauer, für Friedrich Merz oder für Jens Spahn entschieden hat. Nun haben wir entschieden. Jetzt erwarte ich von der Partei, dass sich alle hinter die Entscheidung stellen. Es entspricht nicht meiner Wahrnehmung, dass wir jetzt die halbe Partei wieder einsammeln müssen. Es gibt Enttäuschungen. Das verstehe ich sehr wohl. Aber es gibt keinen Grund, sich in die Schmollecke zu stellen.

Sollte man Merz nun mit einem Amt einbinden – zum Beispiel mit einem Ministerposten?

BOUFFIER Ich habe jedem der drei vorher erklärt: Ich erwarte, dass sie auch im Fall einer Niederlage für die Partei weiter zur Verfügung stehen. Es ist entscheidend, dass wir uns gemeinsam für die Sache anstrengen. Wie das am besten gehen kann, müssen die Betroffenen selbst und die Parteivorsitzende entscheiden.

Kramp-Karrenbauer hat angekündigt, dass sie das Thema Migration im Jahr 2015 noch einmal mit der Partei diskutieren will. Ist das eine kluge Idee?

BOUFFIER Zwei Themen aus der Kanzlerschaft Angela Merkels haben sehr große Bedeutung: Die Weltfinanzkrise, in der es eine breite Unterstützung ihrer Politik gab, und die Flüchtlingskrise, in der es diese breite Unterstützung so nicht gab. Wir gewinnen die Zukunft nicht, indem wir nur in die Vergangenheit schauen. Es kann dennoch klug sein, dass man die Migrationsfrage einfach noch einmal offen diskutiert und Bilanz zieht. Aber das kann und soll nicht Gegenstand der zentralen Parteiarbeit sein. Das ist nicht das, was wir jetzt brauchen.

Sie haben bei diesem Parteitag auch einen Abgrenzungsbeschluss zu AfD und Linken gefasst, in dem es heißt, dass sie Koalitionen und Kooperationen mit diesen Parteien ablehnen – ist das ein Ausschließen solcher Bündnisse?

BOUFFIER Aus meiner Sicht schließen wir damit Bündnisse mit AfD und Linken aus.

Und zwar in Bund, Land und Kommunen?

BOUFFIER Das gilt generell. Die hessische CDU hat daran nie einen Zweifel gelassen. Das ist eine Grundsatzposition. Unser Ziel bei den kommenden Landtagswahlen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen muss sein, dass wir ohne diese extremen Parteien eine Regierung unter Führung der Union bilden können. Dafür brauchen wir rund 35 Prozent.

Sie liegen in allen drei Ländern in Umfragen unter 30 Prozent, in Brandenburg und Thüringen nur knapp über 20 Prozent.

BOUFFIER Bis zu den Wahlen ist noch Zeit und bis dahin kann sich noch viel bewegen. Dieser Parteitag wird der Union Auftrieb geben.

(kd/qua)
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