CDU mit anderem Logo Neue Farben und alte Probleme

Analyse | Berlin · Mit neuen Farben will die Union dynamischer rüberkommen und das „Kuddelmuddel“ in der Partei beenden. Doch manches Problem lässt sich nicht einfach überpinseln. Schon gar nicht die Debatte über den Umgang mit der AfD.

 CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann präsentierte am Dienstag die neuen CDU-Farben: Türkisblau und Schwarz. Die Union verbindet mit den Farben einiges.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann präsentierte am Dienstag die neuen CDU-Farben: Türkisblau und Schwarz. Die Union verbindet mit den Farben einiges.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Man muss kein Experte für Farbpsychologie sein, um zu wissen, dass Farben eine besondere Wirkung entfalten können, positiv wie negativ. Und sie dienen auch in der Politik als Wegweiser. Die Schwarzen, das sind die von der Union, obwohl das CDU-Logo seit 1972 rot gewesen ist. Nun wird es wieder schwarz werden. Und die wichtigste Parteifarbe wird ein helles Türkisblau, frisch gemischt und mit dem Namen Cadenabbia versehen. Also des Ortes in Italien, wo Konrad Adenauer einst urlaubte und wo sich die CDU-Spitze unlängst zur Beratung des künftigen Grundsatzprogramms traf. Die Union gibt sich einen neuen „Parteilook“ – nicht ganz unfallfrei, wie sich herausstellt. Und auch die alten Probleme lassen sich nicht einfach überpinseln.

So ist das mit den Farben – manch einer fühlte sich bei der Präsentation durch Generalsekretär Carsten Linnemann am Dienstag gleich an das AfD-Blau erinnert. Pikant, pikant. Denn nach der Debatte um Thüringen, wo die Union mit Stimmen der AfD eine Steuersenkung durchgesetzt hatte, wird noch mehr darauf geachtet, was auf eine Annäherung oder gar auf ein endgültiges Ende der Brandmauer hindeuten könnte. Auch in den Kommunen, speziell im Osten. Im Vorstand, so hieß es, soll das AfD-Blau extra neben die neue CDU-Farbe gelegt worden sein. Ähnlichkeit nicht gegeben, lautete offenbar das Urteil.

Auch Linnemann wehrte ab. Man verwende eine „komplett andere Farbgebung“, meinte er, die CSU und einige CDU-Landesverbände würden bereits Blautöne nutzen. Die Union will also nicht mehr AfD wagen und möchte auch nicht in den Verdacht geraten. Und auch nicht mehr ÖVP – denn die rechtsblinkende österreichische Schwesterpartei präsentiert sich schon seit einigen Jahren in Türkis, weil der einst bejubelte, dann gefallene Vorsitzende und Kanzler Sebastian Kurz es so wollte. Auch damit will die deutsche Union keinesfalls in Verbindung gebracht werden.

Nach eigenem Bekunden geht es der CDU vor allem um Vereinheitlichung, da sich bei der Farbpalette bisher in den Landesverbänden ein buntes Durcheinander bot. „Das war ja ein Kuddelmuddel, was wir gesehen haben“, so Generalsekretär Linnemann. Verschwinden wird der schwarz-rot-goldene Deutschland-Kreis aus dem gescheiterten Bundestagswahlkampf 2021. Stattdessen wird man etwa auf Plakaten drei aufsteigende Balken in Schwarz-Rot-Gold sehen – der neue „CDU-Bogen“, so die Werber, die ihn erdacht haben.

Linnemann geizte nicht mit prima Beschreibungen: Der Bogen stehe für „Aufbruch, Erneuerung, Dynamik, Modernität“ – der Name CDU in schwarz für „Besonnenheit, Klarheit, Konzentration auf das Wesentliche“. Und das Cadenabbia-Blau bedeute „Vitalität, Zuversicht und Freiheit“. Toller geht es eigentlich nicht, bleibt aber die Frage, ob der Betrachter genau das alles auch verspürt. Zunächst soll sich die Union übrigens die Freiheit gegönnt haben, in einem flotten Marketingfilm nicht Angela Merkel zu zeigen. Das wiederum soll nach Intervention einiger Vorständler geändert worden sein. Linnemann meinte lapidar, Kiesinger tauche auch nicht auf. Kurt-Georg Kiesinger, dritter Kanzler von der CDU. Drei Jahre im Amt, Merkel 16 Jahre. Von einem Logo-Bruch mit der Ära Merkel wollte man in der Partei jedenfalls nichts wissen.

Nun gut, Blau, womöglich auch Türkisblau wirkt grundsätzlich beruhigend. Etwas mehr Ruhe kann die Union durchaus gebrauchen. Denn die Ereignisse von Thüringen wirken noch nach. So empfahl der Vorsitzende der CDU-Grundwertekommission, Andreas Rödder, seiner Partei einen Strategiewechsel. Die CDU dürfe nicht länger „über falsche Brandmauern streiten. Das hat nur den Effekt, dass die AfD die CDU immer wieder vorführen kann“, sagte er dem „Stern“. Er plädiere für CDU-Minderheitsregierungen im Osten, selbst wenn sie hin und wieder von der AfD unterstützt würden. Linneman sah sozusagen Rot und erteilte dem Vorschlag eine klare Absage.

Mario Voigt, thüringischer Landesvorsitzende, soll in den Gremien am Montag dann auch breite Unterstützung für sein Vorgehen bekommen haben, mit den Stimmen der AfD die Grunderwerbsteuer im Freistaat zu senken. Einer, der sich kritisch geäußert hatte, war Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther. „Eine Einzelstimme“, hieß es. In letzter Zeit geht er freilich gerne auf Distanz zum Vorsitzenden Friedrich Merz. Warum? Darüber rätselt man auch in der Berliner Führung. Manch einer vermutet, dass Günther, der in Kiel Schwarz-Grün führt, eine andere Ausrichtung der CDU antreibt. Gut kann das Nordlicht vor allem mit NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst. Er war ebenso nicht begeistert vom Thüringer Coup mit Hilfe der AfD.

„Wir äußern uns in der Causa nicht weiter“, ließ man auf Nachfrage bei der Union im Norden wissen. Das klang dann doch ziemlich farblos.

(has)
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