CDU-Kreisparteitag im Sauerland Friedrich Merz sagt der AfD den Kampf an

Arnsberg-Oeventrop · In der ersten öffentlichen Rede seit seiner Kandidatur für den Bundesvorsitz erläutert der CDU-Politiker, wo er seine Partei im politischen Spektrum einordnet und gibt der Europapolitik viel Raum

 In der Schützenhalle der St. Sebastianus Schützenbrüderschaft zeigt Friedrich Merz ein Sporttrikot, das ihm zuvor als Geschenk überreicht worden war.

In der Schützenhalle der St. Sebastianus Schützenbrüderschaft zeigt Friedrich Merz ein Sporttrikot, das ihm zuvor als Geschenk überreicht worden war.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

In der ersten öffentlichen Rede seit seiner Kandidatur für den CDU-Parteivorsitz hat Friedrich Merz der AfD den Kampf angesagt. „Wir sollten den Anspruch an uns selbst stellen, wenigstens die Hälfte unserer abgewanderten Wähler von der AfD wieder zurückzuholen“, sagte Merz auf dem CDU-Kreisparteitag in einer Schützenhalle im sauerländischen Arnsberg-Oeventrop. Erstmals in der jüngeren deutschen Geschichte gebe es offenen Radikalismus bis hin zu nationalsozialistischem Gedankengut. Die CDU sei hingegen die Partei, die ohne Wenn und Aber für das Rechtsstaatsempfinden eintrete. Der Kreisparteitag nominierte den gebürtigen Sauerländer in offener Wahl einstimmig.

Merz hatte seine Kandidatur angekündigt, kurz nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärt hatte, nicht mehr erneut kandidieren zu wollen. Weitere Kandidaten sind Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und die bisherige Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. Bereits vor einem halben Jahr hatte Merz zugesagt, auf dem Parteitag eine Rede zu halten.

„Diese Partei lebt“, kommentierte Merz die dreifache Kandidatur, das habe es seit 1971 nicht mehr gegeben. Merkels Ankündigung, nicht wieder antreten zu wollen, sei eine tiefe Zäsur für die Partei, aber auch für Deutschland. Als sie das Amt übernahm, habe die CDU noch mit den Folgen der Parteispendenaffäre gekämpft, heute sei sie Regierungspartei und trage Verantwortung in der Welt.

In einer Zeit, in der die alten Links-Rechts-Schemata nicht mehr stimmten, bleibe es aber der Anspruch, eine Volkspartei der Mitte zu sein und die verschiedensten innerparteilichen Richtungen zu integrieren angesichts der Halbierung der Mitgliederzahlen binnen knapp 30 Jahren. Dass die SPD zurzeit als Volkspartei ein ähnliches Schicksal teile, könne auch der CDU nicht gleichgültig sein, machte Merz einen Schritt auf den Groko-Partner zu. Um mehr Wähler zu erreichen, müsse die CDU die Themen Sicherheit, Umwelt- und Naturschutz und Klimawandel stärker in den Mittelpunkt rücken. Einen schweren Stand habe die Partei insbesondere bei jungen Familien in größeren Städten: „Eigentlich sind das unsere Wähler“.

Eindringlich mahnte Merz CDU und CSU, ihre Zusammenarbeit nicht zu gefährden: „Es gibt nichts und niemanden, was wichtiger ist als die Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU“. Dies sei eine schon fast kongeniale Konstruktion, in der es anständig zugehen müsse: „Man lässt einen Bundeskanzler der CDU Deutschlands nicht neben einem Rednerpult der CSU strammstehen - und das mag ein bisschen altmodisch sein: schon gar nicht, wenn es eine Frau ist“, erinnerte Merz an die Szene von Merkel und Seehofer auf dem CSU-Parteitag unter dem Applaus der rund 500 Kreis-Delegierten. Er bekräftigte jüngste Äußerungen aus einem Interview mit unserer Redaktion, er werde im Falle einer Wahl mit Angela Merkel anständig, fair und loyal zusammenarbeiten. Auch Kramp-Karrenbauer bot der 62-Jährige im Fall seiner Wahl an, dass sie eine führende Rolle übernehmen könne. Einer Doppelspitze erteilte er aber auf die Frage einer Delegierten hin eine Absage. Die Amtszeit des Bundeskanzlers solle künftig auf acht bis zehn Jahre begrenzt sein. Gleichzeitig stellte der 62-jährige Jurist die Frage, ob die demokratischen Institutionen den aktuellen Herausforderungen noch gerecht werden könnten.

In seiner rund 45-minütigen Rede machte sich Merz nachdrücklich für ein stärkeres Engagement Deutschlands in Europa stark: „Wir müssen an der Spitze der europäischen Integration stehen“. Zuletzt hätten sich die europäischen Nachbarn durch die Energiewende und die Flüchtlingspolitik überfahren gefühlt, kritisierte Merz, ohne Merkel in diesem Zusammenhang direkt zu adressieren. Merz machte sich zugleich für eine enge Zusammenarbeit mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron stark: „Liebe Freunde, auf wen warten wir denn in Frankreich noch, der uns noch mehr die Hand ausstreckt als Macron?“

Seine Kandidatur habe er unter die Überschrift „Aufbruch und Erneuerung“ gestellt, einen Umsturz werde es nicht geben. Medienberichte, er sei der „Anti-Merkel“, titulierte er als „dummes Zeug“. Zu aktuellen politischen Themen wolle er sich nicht äußern, sagte Merz auf Nachfragen von Delegierten, forderte aber, dass Unternehmen sich künftig stärker an der Altersvorsorge ihrer Mitarbeiter beteiligen und mehr Betriebskindergärten eröffnen. Kritik einer Delegierten rief seine Äußerung hervor, Frauen müsse die Vereinbarkeit von Familie und Beruf leichter gemacht werden. Dies müsse genauso auch für Väter gelten, so die Delegierte. Merz schob daraufhin nach, es sei völlig klar, dass sich die Ansprüche sowohl an Frauen als auch an Männer richten müssten.

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