Richtungsstreit bei CDU/CSU Union zwischen Merkel und Rechtsruck

Berlin · In der CDU bleibt es nach den Wahlen in Hannover und Wien überraschend ruhig. Die CSU will dagegen jetzt "klare Kante".

 Die CDU-Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Die CDU-Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Foto: dpa, bvj axs

Angela Merkel bleibt höflich. Mag die CDU-Vorsitzende in der Union nach den Wahlen in Österreich und Niedersachsen jetzt erst recht unter Druck stehen und sich obendrein über oppositionsverliebte Sozialdemokraten im Bund ärgern - der niedersächsischen SPD sendet die Kanzlerin erst einmal Glückwünsche. "Nach der Niedersachsen-Wahl möchte ich als erstes Herrn Weil gratulieren", sagt die Kanzlerin am Montag in der CDU-Parteizentrale in Berlin an die Adresse des erfolgreichen Ministerpräsidenten von der Leine.

Neben ihr steht der Wahlverlierer, CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann. Der kräftige Norddeutsche mit der lauten Stimme wirkt ein bisschen trotzig. Er hat es nicht als Rückenwind empfunden, dass die CDU-Führung in Berlin nach den Verlusten bei der Bundestagswahl wenig Demut zeigte und dieses Signal nicht richtig sandte: "Wir haben verstanden." Der Wahlkampf sei rau und lehrreich gewesen, sagt er. Es gebe keinen Grund für Euphorie, allerdings auch keinen Anlass, nun in Sack und Asche zu gehen. Die CDU stelle sich ihrer Verantwortung - entweder in der Regierung oder in der Opposition.

Merkels Partei hat bei der vierten und letzten Landtagswahl in diesem Jahr erstmals gepatzt und ihr Ziel trotz zwischenzeitlich bester Umfragewerte verfehlt, stärkste Kraft zu werden. Aber irgendwie ficht die CDU-Chefin das nicht wirklich an. Obwohl die 33,6 Prozent eines der schlechtesten Ergebnisse der CDU Niedersachsen überhaupt sind, hat der Landesverband an absoluten Stimmen nicht viel verloren und ja sogar Chancen, erstmals nach der Wahlniederlage 2013 wieder an die Regierung zu kommen. Und als Schwächung für die Gespräche mit FDP und Grünen über eine Jamaika-Koalition im Bund sieht Merkel die Landtagswahl schon gar nicht. "In diese Sondierungsgespräche gehe ich sehr selbstbewusst mit meinen Freunden von CDU und CSU", beteuert Merkel, ohne eine Miene zu verziehen.

Dabei geht es bei den Freunden von der CSU gerade ganz schön hoch her. Die CDU-Schlappe in Niedersachsen sowie der Rechtsruck in Österreich mit dem hohen Ergebnis der rechtspopulistischen FPÖ und dem Sieg der ÖVP mit ihrem jungen und konservativen Vorsitzenden Sebastian Kurz heizen die Diskussion um eine stärkere konservative Ausrichtung der Union in Deutschland ordentlich an.

"Das ist ein Auftrag, auch gerade für die beiden Unionsparteien in Deutschland, das politische Spektrum von der Mitte bis zur demokratischen Rechten abzubilden", fordert CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

Der bayerische Vorsitzende der Jungen Union (JU), Hans Reichhart, sagt: "Die, die klare Kante gezeigt haben wie Kurz, haben die Wahl gewonnen." Die CDU in Niedersachsen habe im Wahlkampf hingegen mit einem Stimmendurcheinander in der Partei klarkommen müssen. So sei es ein "verheerendes Signal" gewesen, dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) unmittelbar vor der Landtagswahl einen Feiertag für Muslime ins Gespräch gebracht habe.

In der CDU-Vorstandssitzung im Konrad-Adenauer-Haus geht es bei der Wahlnachlese nach Informationen unserer Redaktion hingegen ruhig zu. Es kommt nicht zu der erwarteten Kritik des konservativen Flügels um Jens Spahn und JU-Chef Paul Ziemiak. Erst habe Merkel sich zu den beiden Wahlen eingelassen, dann sei Kürbissuppe serviert worden. Damit seien kontroverse Aussprachen meistens schon gesättigt, sagt ein Vorstandsmitglied etwas spöttisch. Allerdings soll es in der letzten halben Stunde durch die Bank Warnungen vor einem Rechtsruck gegeben haben. Die Christdemokraten müssten vielmehr bei ihren Kernthemen wie Digitalisierung, Wohnungsbau und solider Finanzpolitik bleiben. Das habe Merkel als eindeutige Unterstützung für ihren Kurs verstehen können, heißt es. Und so sagt sie dann auch, der Wahlausgang in Wien sei kein Anzeichen dafür, "dass man die Probleme schon gelöst hat, wenn man es so macht wie in Österreich". Merkel eben ganz selbstbewusst.

Schwerer hat es da CSU-Chef Horst Seehofer, den so manche Rücktrittsforderung seit der Bundestagswahl erreicht hat. Die Partei stellt die Entscheidung über seine Zukunft für die Dauer der Jamaika-Verhandlungen aber nun zurück. Seehofers eindringliche Bitte in einer mit Spannung erwarteten Vorstandssitzung in München: diese "Schrittfolge" einzuhalten. Es ist inzwischen aber fraglich, ob es beim Termin Mitte November für den Wahl-Parteitag bleibt. Seehofer nennt es "nicht verkehrt", die Parteitage von CDU und CSU zum selben Zeitpunkt abzuhalten, vermutlich im Dezember. Unterdessen appelliert Ziemiak, "dass alle ihren Beitrag leisten müssen, dass Jamaika gelingt". Es gehe um die Lösung von Problemen und nicht um rechts oder links.

(kd, may-)
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