Der Weg an die CDU-Spitze „Das wird wie bei einer Tournee der Toten Hosen“

Berlin · Fair und transparent soll der Wettbewerb um das Erbe Merkels im CDU-Parteivorsitz laufen. Dafür setzt die Partei auf acht Regionalkonferenzen. Ein solch offenes Rennen um den Parteivorsitz mit so vielen Bewerbern hat es in der Geschichte der CDU noch nicht gegeben.

 Außenansicht der CDU-Parteizentrale, des Konrad-Adenauer-Hauses (Archiv).

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Foto: dpa/Gregor Fischer

In ihrer Parteizentrale steht Kanzlerin Angela Merkel immer noch unter dem Schriftzug „Mitte“. Wohin derweil ihre Partei steuert, das hat sie nicht mehr in der Hand.  An diesem Montag trägt sie nur vor, was sonst ein Generalsekretär erledigt. Sie bekräftigt ihren Wunsch, die große Koalition fortzuführen,  und erklärt mit Hilfe des CDU-Bundesgeschäftsführers, Klaus Schüler, die Spielregeln für das Rennen um den CDU-Parteivorsitz.

Bei einer Vorstandsklausur am Sonntag und am Montag ist sich die Parteispitze einig geworden, dass sich die Kandidaten in acht Regionalkonferenzen vorstellen sollen. Dem Vernehmen nach fällt der Startschuss bereits in der kommenden Woche. „Das wird wie bei einer Tournee der Toten Hosen“, witzelt einer der Beteiligten - „jeden Tag ein großer Auftritt“.

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Foto: dpa/Henning Kaiser

Noch sortieren sich die Teams um die drei aussichtsreichsten Kandidaten, CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, Gesundheitsminister Jens Spahn und um den früheren Unionsfraktionschef Friedrich Merz.

Merkel kündigte an, Kramp-Karrenbauer werde ihre Arbeit als Generalsekretärin „weitestgehend ruhen lassen“. Einig ist sich die CDU zumindest darin, dass der interne Wahlkampf um den Parteivorsitz fair und mit gleichen Chancen für alle laufen soll. Die Generalsekretärin will sich nicht dem Vorwurf aussetzen, ihre Position an den Schalthebeln der CDU für ihre Ambitionen auf den Parteivorsitz auszunutzen. Kramp-Karrenbauer wurde bereits von ihrem saarländischen Landesverband offiziell als Kandidatin für den Parteivorsitz nominiert. Der Landesverband wird sie in der Phase bis zum Parteitag auch organisatorisch unterstützen. Öffentlich hat sie im Gegensatz zu Spahn und Merz ihre Kandidatur noch nicht erklärt. Damit ist im Laufe der Woche zu rechnen.

Für Jens Spahn hat sich sein enger Mitarbeiter und langjähriger Vertrauter, Marc Degen, im Gesundheitsministerium für die Zeit der Kandidatur beurlauben lassen. Er arbeitete für Spahn bis zur Regierungsbildung in dessen Abgeordnetenbüro und ist nun stellvertretender Leiter der Leitungsabteilung im Ministerium. Offiziell nominiert wird Spahn voraussichtlich von seinem 6500 Mitglieder starken Heimat-Kreisverband Borken.

Der Manager Friedrich Merz hat die auf Kommunikation spezialisierte Unternehmensberatung Gauly Advisors für seine Öffentlichkeitsarbeit engagiert. Wer ihn offiziell nominieren soll, ist noch offen. Angesichts der Euphorie der CDU-Basis über seine Bewerbung um den Parteivorsitz dürfte dies aber nicht schwierig sein.

Neben den drei prominenten Kandidaten, die sicher beim Parteitag am 7. Dezember antreten, haben bislang insgesamt neun CDU-Mitglieder ihre Kandidatur angekündigt. Auch sie sollen sich bei den Regionalkonferenzen vorstellen können. Allerdings müssen sie vorher offiziell von einer Parteivereinigung nominiert worden sein. Für diese Nominierung gibt es keine Fristen, wie eine Parteisprecherin am Montag erklärte. Wer nominiert ist, kann in das Kandidatenrennen einsteigen und sich bei den Regionalkonferenzen präsentieren.

Dort sollen alle Kandidaten jeweils gleich viel Zeit für eine Bewerbungsrede erhalten. Danach sollen die Mitglieder die Gelegenheit bekommen, Fragen zu stellen. So ist es schriftlich im Beschluss des Parteivorstands zu den Regionalkonferenzen festgehalten. Aktuell sucht die CDU entsprechend große  Hallen bundesweit. Die Parteizentrale rechnet mit einem hohen Interesse ihrer Mitglieder.

Auch beim Parteitag können noch weitere Kandidaten auftauchen. Laut Satzung reicht es dort, wenn sie von einem  Parteitagsdelegierten vorgeschlagen werden.

Ein solch offenes Rennen um den Parteivorsitz mit so vielen Kandidaten und Bewerbern hat es in der Geschichte der CDU noch nicht gegeben. Nur wenige prominente CDU-Mitglieder bekennen sich bereits zu ihrem Favoriten.

Auch in der Vorstandsklausur am Sonntag und am Montag gab es keine Sympathiebekundungen für einzelne Kandidaten. Spahn und Kramp-Karrenbauer selbst sind nach Teilnehmerangaben eher zurückhaltend aufgetreten. Zur Debatte um die Arbeit der Zukunft habe AKK das Wort ergriffen. Spahn habe sich nicht gemeldet, hieß es.

Zu den wenigen Bundestagsabgeordneten, die ihren Favoriten bereits genannt haben, gehört neben Christian von Stetten, der für Merz, votiert, der Berliner Thomas Heilman. Seine Wunschkandidatin ist Kramp-Karrenbauer. „Alle drei Kandidaten für den Parteivorsitz sind näher am Markenkern der CDU, als es Merkel je war“, sagte Heilmann unserer Redaktion.  Man werde sich noch wundern, wieviel Wandel AKK für die CDU bringe.

Heute treffen sich die Generalsekretäre und Geschäftsführer der Landesverbände im Adenauerhaus in Berlin. Sie wollen die Details für die Regionalkonferenzen beraten. Zugleich tagt in NRW der Landesvorstand, der sich ebenfalls zur Wahl des Parteivorsitzenden positionieren will. Mit einer konkreten Empfehlung für Kramp-Karrenbauer, Merz oder Spahn aus Düsseldorf ist aber nicht zu rechnen. Im mitgliederstärksten Landesverband gibt es dazu keine einheitliche Linie. Die NRW-Delegierten stellen ein knappes Drittel beim Parteitag. Ihr Votum hat also ausschlaggebendes Gewicht.

Völlig untypisch für die CDU: Auch die  meisten anderen Landesverbänden wie auch die Mehrheit der Parteiorganisationen werden sich nicht eindeutig positionieren. „Das wird wirklich erst beim Parteitag entschieden“, sagt ein führendes Parteimitglied. Es komme nun auf die Performance der Kandidaten in den nächsten Wochen und auf ihre Bewerbungsrede beim Parteitag an.

(qua)
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