Kritik der Caritas Entlastungspakete erreichen viele Bedürftige nicht

Berlin · Die Caritas kritisiert, dass bei vielen Menschen die unterschiedlichen Entlastungsmaßnahmen nicht ankommen – der Grund: Sie seien zu unübersichtlich und zu kompliziert. Bundeswirtschaftsminister Habeck stimmt dem zu. Diese konkreten Forderungen das Hilfswerk.

 Viele Menschen blicken im Dschungel der Entlastungsmaßnahmen nicht durch, kritisiert die Caritas.

Viele Menschen blicken im Dschungel der Entlastungsmaßnahmen nicht durch, kritisiert die Caritas.

Foto: dpa/Marcus Brandt

Die milliardenschweren Entlastungspakete der Bundesregierung erreichen nach Einschätzung der Caritas viele Menschen nicht mehr. „Die Maßnahmen werden nicht automatisch von allen verstanden“, sagte die Präsidentin des Deutschen Caritas-Verbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Mittwoch.

Sie kritisierte auch komplizierte Anträge auf finanzielle Hilfe und forderte verständlichere und einfacher auszufüllende Formulare. Viele Menschen bemühten sich derzeit etwa um das Wohngeld, scheiterten aber am Antrag, sagte die Caritas-Präsidentin.

Die Bundesregierung müsse mehr erklären, um den Menschen Zuversicht zu geben, sagte sie weiter. Das Wort „Gaspreisbremse“ klinge für viele fast genauso bedrohlich wie „Energiepreissteigerung“. Für viele Menschen sei das nur eine weitere komplizierte Vokabel, die nicht direkt verständlich sei.

„Politik muss berücksichtigen, dass viele Menschen mit der Bewältigung ihres ganz normalen Alltags so gefordert sind, dass Zeit und Kraft fehlen, um sich nebenher mit politischen Entscheidungen zu beschäftigen“, mahnte Welskop-Deffaa. Sie forderte mehr Beratungsangebote vor Ort, zum Beispiel Heizkosten-Lotsen in den Schuldnerberatungsstellen oder geschulte Freiwillige.

Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hält die Entlastungsmaßnahmen für ziemlich kompliziert. Man könne „getrost verneinen, dass alle wissen, was passiert“, sagte er den Sendern RTL und ntv. Es gebe „so viele Maßnahmen, so viele Gesetze und so viele Förderungen, wäre ich nicht Politiker, ich würde es auch nicht mehr wissen“, räumte Habeck ein. „Das ist tatsächlich unübersichtlich.“

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) forderte die zuständigen Behörden sowie die Energieversorger zu einem entgegenkommenden Verhalten auf. „Weder Politik oder Verwaltung, noch die Energiekonzerne können ein Interesse daran haben, Menschen in Existenznöte zu treiben. Deshalb sollten jetzt alle mit Augenmaß vorgehen“, sagte sie den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.

„Die gegenwärtige Situation verlangt gerade einkommensschwachen Familien viel ab“, sagte Paus. „Wir müssen verhindern, dass Menschen jetzt unverschuldet in Liquiditätsnöte kommen und zum Beispiel ihre Miete oder Stromrechnungen kurzfristig nicht mehr bezahlen können.“

Sie hoffe, dass etwa die Jobcenter „ihren Ermessensspielraum so nutzen, dass keine Bürgerin, kein Bürger und keine Familie mit Kindern in der Not alleingelassen wird“, fügte Paus hinzu. Zugleich rief sie „alle Menschen in Notsituationen auf, keine Scheu zu haben, die entsprechenden Anträge etwa zur Übernahme der Stromkosten an die Jobcenter zu stellen“.

(aku/AFP)
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