Soldaten-Kritik "Bundeswehr schrumpft zu rasant"

Saarbrücken · Die Bundeswehr rüstet zu schnell ab. Je nach Berechnung ist die für 2017 geplante Zielgröße von 185.000 Soldaten bereits jetzt fast erreicht oder gar unterschritten.

Das sind die Eckpunkte der Bundeswehrreform
8 Bilder

Das sind die Eckpunkte der Bundeswehrreform

8 Bilder

"Das große Problem ist die unausgewogene Struktur. Uns fehlen Mannschaftsdienstgrade", sagte Oberstleutnant Thomas Sohst, der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes West, beim Jahresempfang seiner Organisation in Saarbrücken.

Aktuell besteht die Bundeswehr aus 186.459 Soldaten, davon stehen 7796 vor dem Ausscheiden und bereiten sich in Lehrgängen auf ihren künftigen Zivilberuf vor.

Die Interessenorganisation der Soldaten fordert 10 000 zusätzliche, auf drei Jahre befristete Stellen, um die größten Engpässe zu beseitigen. Durch den Umbruch bedingte Doppelstrukturen und neue Einsätze wie in der Türkei und in Mali bedrohten das innere Gefüge der Streitkräfte, weil die Soldaten immer weniger bei ihren Familien sein könnten.

2150 Soldaten können laut Beschlusslage vorzeitig ausscheiden, um die Reduzierung der Streitkräfte möglich zu machen. Beworben hätten sich dreimal so viele. Denn die Verunsicherung in der Truppe sei nach wie vor groß: "Betroffen sind vor allem Ältere und Familien, die immer noch nicht wissen, wann oder wohin ihr Vater oder ihre Mutter künftig versetzt wird", sagte Sohst.

Der Bundeswehrverband befürchtet, dass die neue Bundesregierung die laufende Neuausrichtung durch neue Einsparungen aushebeln könnte. "Das ist die sechste Reform innerhalb von 20 Jahren, der sich die Bundeswehr unterziehen muss — mit allen damit verbundenen Härten für die Soldaten und zivile Mitarbeitern", kritisierte Sohst. "Das erste Drittel der Reform ist umgesetzt. Als Soldaten wünschen wir uns, dass die Neuausrichtung der Bundeswehr in den Grundzügen fortgesetzt wird. Größere Nachjustierungen wären und sind in dieser Lage Gift für den laufenden Prozess."

Mehrere Redner warnten vor der weiteren Reduzierung der Streitkräfte. So habe Rheinland-Pfalz bereits 660 militärische Liegenschaften verloren, sagte die Mainzer Innen-Staatssekretärin Heike Raab (SPD). "Über Jahrzehnte gewachsene Strukturen sind weggebrochen. Notwendige Veränderungen in der Bundeswehr dürfen nicht zu einem weiteren Kahlschlag bei den Standorten führen."

Der Bundeswehrverband als Interessenorganisation aller Soldaten hat im mitgliederstärksten Landesverband West (NRW, Rheinland-Pfalz, Hessen, Saarland) rund 60 000 Mitglieder, bundesweit sind es 200.000.

(csi)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort