Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Vereinsverbote gegen Neonazis, Hells Angels und Hamas-Helfer bestätigt

Karlsruhe · Ihre Ziele sind völlig unterschiedlich, nur ihr Anliegen eint sie: Drei Organisationen wollen vor dem Bundesverfassungsgericht ihr Verbot rückgängig machen. Aber die Vereinigungsfreiheit hat Grenzen.

 Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (Archivfoto).

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (Archivfoto).

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Der Hamas-Unterstützerverein Internationale Humanitäre Hilfsorganisation (IHH) und die rechtsextreme Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene (HNG) bleiben verboten. Das Bundesverfassungsgericht wies die Klagen der 2010 und 2011 durch das Bundesinnenministerium aufgelösten Vereine ab, wie am Dienstag mitgeteilt wurde. Außerdem bestätigten die Verfassungsrichter das Verbot eines Frankfurter Clubs der Rockergruppe Hells Angels. (Az. 1 BvR 1474/12 u.a.)

In allen drei Fällen seien mildere Mittel nicht in Betracht gekommen, hieß es zur Begründung. Die IHH hatte laut Verfassungsschutz Millionenspenden an Sozialvereine der radikal-islamischen Palästinenserorganisation Hamas überwiesen. Die HNG war mit rund 600 Mitgliedern der größte bundesweit tätige Neonazi-Verein.

Das Grundgesetz garantiert in Artikel 9 die Vereinigungsfreiheit. Verboten sind allerdings „Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten“. Das Innenministerium hat bis heute 17 rechtsextremistische Organisationen, 21 Vereinigungen aus dem Bereich Islamismus und Ausländerextremismus sowie die linksextremistische Internet-Plattform „linksunten.indymedia“ verboten.

Verbotene Vereine müssen sich auflösen, das Vermögen wird für gemeinnützige Zwecke verwendet. Wer ihre Kennzeichen weiterverwendet oder eine Nachfolgeorganisation gründet, macht sich strafbar.

Die IHH hatte der damalige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) 2010 verboten, weil sie unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe eine Organisation unterstütze, die Gewalt gegen Israel ausübe. Binnen drei Jahren sollen 6,6 Millionen Euro an sechs Sozialvereine im Gaza-Streifen geflossen sein. Nach Auffassung der Verfassungsrichter muss sich die IHH die völkerrechtswidrige Auffassung der Hamas zurechnen lassen. Die Vereinigung habe gewusst, wofür diese stehe.

Die 1979 gegründete HNG (Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige) kümmerte sich vor allem um inhaftierte Rechtsextremisten. Mitglieder schrieben ihnen Briefe, die Antworten wurden in einem vereinseigenen Nachrichtenblatt abgedruckt. Der Karlsruher Entscheidung zufolge wendet sich die Organisation gegen demokratische Grundsätze und bekennt sich ausdrücklich zu Nationalsozialismus und Antisemitismus. Ein Verein, der Rechtsradikale in ihrer Haltung stärke, wesentliche Bestandteile der verfassungsmäßigen Ordnung zu bekämpfen, sei zu verbieten.

Beide Maßnahmen hatte zuvor schon das Bundesverwaltungsgericht bestätigt, das in erster und letzter Instanz für Vereinsverbote auf Bundesebene zuständig ist. Das Verbot des Frankfurter Rocker-Clubs aus dem Jahr 2011 hatte vor dem Verwaltungsgerichtshof in Kassel Bestand. Das hessische Innenministerium machte das Charter „Westend“ und eine zweite verbotene Ortsgruppe für Drogenhandel, Prostitution und Menschenhandel im Frankfurter Rotlichtviertel verantwortlich.

(mba/dpa)
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