Vor Urteil des Bundesverfassungsgerichts Wirtschaftsweise fordern große Erbschaftsteuer-Reform

Berlin · Der Chef der Wirtschaftsweisen, Christoph Schmidt, hat die Bundesregierung aufgefordert, die Erbschaftsteuer nach dem Verfassungsurteil am Mittwoch grundlegend zu reformieren. "Die Bundesregierung sollte das Verfassungsurteil zum Anlass für eine Vereinheitlichung der Erbschaftsteuer nehmen", sagte Schmidt unserer Redaktion.

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Foto: gms

"Die übermäßigen Begünstigungen für Betriebsvermögen und selbst genutztes Wohneigentum sollten dabei zurückgenommen werden und gleichzeitig die Steuersätze so gesenkt werden, dass das Aufkommen insgesamt unverändert bleibt", riet Schmidt.

"Um Liquiditätsprobleme zu vermeiden, sollte für Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen sowie Immobilienvermögen eine großzügige Stundungsregelung vorgesehen werden", erklärte der Chef des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

Das Bundesverfassungsgericht wird am heutigen Mittwoch sein Urteil zur Erbschaftsteuer vorlegen. Erwartet wird, dass die Richter die Verschonungsregeln für Betriebserben für unvereinbar mit dem Gleichheitsgrundsatz der Verfassung erklären. Firmenerben bleiben steuerfrei, wenn sie den Betrieb sieben Jahre weiterführen und Arbeitsplätze erhalten. Nach fünf Jahren werden ihnen 85 Prozent der Steuer erlassen. Erben von sonstigem Privatvermögen werden dagegen oberhalb der Freibeträge in der Regel mit 19 Prozent besteuert.

IW-Direktor für generelle Abschaffung

Die Industrie warnte am Dienstag vor einer Abschaffung dieser Steuerprivilegien für Firmenerben. Die Erbschaftsteuer entziehe Unternehmen dringend benötigte Liquidität und gefährde damit Arbeitsplätze in Deutschland. "Ohne Verschonungsregelungen würde dies zu einer steuerlichen Überbelastung des Mittelstands führen", sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo. Mögliche Reformen der Erbschaftsteuer müssten zwingend mit einer fairen Bewertung für die Familienunternehmen verbunden werden. Rund vier von zehn Unternehmen planen laut einer BDI-Umfrage einen Generationswechsel bis 2019.

Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, ging noch weiter als der Chef der Wirtschaftsweisen. Er machte sich für eine generelle Abschaffung der Erbschaftsteuer stark, sollte das Gericht die Sonderregelung einschränken. "Das entspricht der Generationengerechtigkeit, weil Jobs an die nachfolgende Generation weitergegeben werden", erklärte Hüther in einem Beitrag für die "Bild"-Zeitung. Das vererbte Vermögen sei ohnehin bereits besteuert worden, beispielsweise durch die Einkommensteuer.

Die Familienunternehmer richten sich auf Änderungen ein. "Wir rechnen damit, dass das Gesetz zur Erbschaftsteuer wohl in die Werkstatt muss", sagte der Präsident der Familienunternehmer, Lutz Goebel. "Vermutlich werden die Gesetzgeber es mit einer Mehr-Punkte-Mängelliste zu tun bekommen."

(mar)
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