Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Wankas AfD-Schelte verstößt gegen das Grundgesetz

Karlsruhe · Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) hatte auf der Ministeriumswebseite zum Boykott einer AfD-Demonstration aufgerufen. Nun entschied das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass sie damit gegen das Grundgesetz verstoßen hat.

 Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (Archivfoto).

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (Archivfoto).

Foto: dpa, ude fdt

Mit der auf der Homepage des Ministeriums veröffentlichten Forderung nach einer "Roten Karte" für die Partei habe sie das Recht auf Chancengleichheit verletzt, urteilte das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe. Bundesminister und andere Regierungsmitglieder müssen sich im parteipolitischen Meinungskampf zurückhalten. Dieses Neutralitätsgebot gilt auch außerhalb von Wahlkampfzeiten, wie das Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag in Karlsruhe verkündeten Urteil entschied.

Ein "Recht auf Gegenschlag" in der Art, dass staatliche Organe auf unsachliche oder diffamierende Angriffe in gleicher Weise reagieren dürfen, bestehe nicht, sagte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle. Die Bundesregierung dürfe sich gegen Vorwürfe wehren. Allerdings müsse sie dabei sachlich bleiben. Staatliche Organe seien nicht dazu aufgerufen, Bürger zur Teilnahme oder Nichtteilnahme an Demonstrationen von politischen Parteien zu veranlassen. (2 BvE 1/16)

Anlass für Wankas Vorstoß war ein Demonstrationsaufruf der AfD während der Flüchtlingskrise im November 2015. Die Partei hatte damals eine Kundgebung unter dem Motto "Rote Karte für Merkel - Asyl braucht Grenzen" angekündigt. Wanka stellte daraufhin eine Presseerklärung auf die Homepage ihres Ministeriums, in der es hieß: "Die Rote Karte sollte der AfD und nicht der Bundeskanzlerin gezeigt werden. Björn Höcke und andere Sprecher der Partei leisten der Radikalisierung in der Gesellschaft Vorschub. Rechtsextreme, die offen Volksverhetzung betreiben wie der Pegida-Chef Bachmann, erhalten damit unerträgliche Unterstützung."

Die Verfassungshüter entschieden nun, dass solch eine negative Bewertung eine "abschreckende Wirkung" entfalten könne und damit unzulässig in das Recht der betroffenen Partei auf Chancengleichheit eingreife. Die Bundesregierung wirke mit ihrer Autorität und ihrem Zugriff auf staatliche Ressourcen bei der Öffentlichkeitsarbeit bereits "nachhaltig auf die Willensbildung des Volks ein". Sie sei deshalb zur Neutralität verpflichtet und dürfe ihre staatlichen Mittel nicht zu Gunsten oder Lasten einzelner Parteien einsetzen.

Genugtuung für AfD-Spitze

Die AfD-Spitze nahm das Karlsruher Urteil mit "Genugtuung" auf. "Gott sei Dank gibt es noch Richter in Karlsruhe", erklärte Partei- und Fraktionschef Alexander Gauland am Dienstag. Das Urteil sei ein klares Signal an die Bundesregierung, "ihre vom Steuerzahler bezahlten Ministeriumsstrukturen nicht für politische Agitation gegen die Opposition zu missbrauchen". Koparteichef Jörg Meuthen erklärte: "Das Urteil sollte auch anderen Regierungsmitgliedern eine Lehre sein."

(das/dpa/AFP)
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