Merkel contra Steinbrück Was TV-Duelle bewirken können

Berlin · Es ist das einzige TV-Duell vor dieser Bundestagswahl: Am Sonntag stellen sich Kanzlerin Angela Merkel und Herausforderer Peer Steinbrück den Fragen von gleich vier Moderatoren. Beobachter sind gespannt, ob der SPD-Kandidat noch Boden gut machen kann. Denn so manches TV-Duell in der Vergangenheit hatte auch Einfluss auf die Wahl – aber nicht jedes. Ein Rückblick.

Diese Moderatoren warten auf Steinbrück und Merkel
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Es ist das einzige TV-Duell vor dieser Bundestagswahl: Am Sonntag stellen sich Kanzlerin Angela Merkel und Herausforderer Peer Steinbrück den Fragen von gleich vier Moderatoren. Beobachter sind gespannt, ob der SPD-Kandidat noch Boden gut machen kann. Denn so manches TV-Duell in der Vergangenheit hatte auch Einfluss auf die Wahl — aber nicht jedes. Ein Rückblick.

Peer Steinbrück wollte eigentlich zwei TV-Duelle, Angela Merkel ließ sich aber letztlich nur auf eines ein. Seit Wochen wird schon geunkt, wie sich die Moderatoren (darunter Stefan Raab), aber auch die Kandidaten schlagen werden. Denn bislang hinkt die SPD in den Umfragen noch immer hinter der Union her. Das soll sich nach dem Willen der Sozialdemokraten in den letzten Wochen vor der Wahl noch ändern — sicherlich auch mithilfe des TV-Duells.

Schließlich gab es sowohl in der deutschen als auch in der US-amerikanischen Geschichte, wo die TV-Duelle eine viel größere Tradition als hierzulande haben, jede Menge Beispiele dafür, dass die direkte Konfrontation der beiden Hauptkontrahenten noch einmal Schwung in den Wahlkampf bringen kann. Schwung, den sich mancher im recht ruhig verlaufenden Bundestagswahlkampf noch wünschen würde.

"Medienkanzler" Schröder punktete 2005 enorm

Genau diesen Schwung brachte schon einmal ein TV-Duell im deutschen Fernsehen in den Wahlkampf — nämlich 2005. Damals gelang es dem gern als "Medienkanzler" bezeichnetem Gerhard Schröder (SPD) mit seinem Auftritt, einen Vorsprung der Union von 23 Prozent bis zum Wahlabend fast völlig wettzumachen, weil er es schaffte, die SPD und sich als gerechte Alternative darzustellen. Letztlich wurde zwar Merkel nach dieser Wahl Kanzlerin (einer wohl gemerkt großen Koalition), doch der Einfluss des TV-Duells war durchaus spürbar.

Ähnlich war es auch im Jahr 2002, als Amtsinhaber Gerhard Schröder auf seinen Herausforderer Edmund Stoiber von der CSU traf. Damals analysierte das Zentralarchiv für empirische Sozialforschung, dass die beiden TV-Duelle, in denen die Kontrahenten gegeneinander antraten, durchaus einen Mobilisierungseffekt gehabt und das Wählerverhalten beeinflusst hätten. So hätten die Zuschauer mit höherer Wahrscheinlichkeit die Person gewählt, von der sie glaubten, dass sie bei den Duellen besser abgeschnitten hätte. Die Wissenschaftler schränkten aber ein, dass es nur um Wahrscheinlichkeiten ginge und auch andere Faktoren die Wahlentscheidung beeinflussten.

In den USA, wo die TV-Duelle mittlerweile eine lange Tradition haben, zeigt sich aber immer wieder, dass solche Auftritte nicht unbedingt einem Kandidaten den Sieg bringen, aber Patzer einem diesen durchaus kosten können. Das zeigte auch die vergangene Präsidentschaftswahl, als Republikaner Mitt Romney gegen den Amtsinhaber Barack Obama antrat. In der ersten Fernsehbegegnung verlor Obama mächtig an Boden, wirkte müde, manch einer unkte schon einen Sieg Romneys voraus. Doch in den Duellen zwei und drei musste Romney sich geschlagen geben — und verlor am Ende auch die Wahl.

In Duell Nummer zwei etwa war immer wieder ein ruhig argumentierender Obama zu sehen im Gegensatz zu einem wild herumfuchtelnden und mit verzerrter Miene auftretendem Romney. Zudem fiel er den Moderatoren immer wieder bezüglich des Reglements ins Wort. Das kam bei den Wählern kaum gut an. Und in Duell Nummer drei schließlich leistete sich Romney abermals eine Panne, über welche viele anschließend genüsslich herzogen. Er hatte in Bezug auf die Suche nach geeigneten Mitgliedern für sein Kabinett gesagt, er habe "einen Ordner voller Frauen". Einen ähnlichen Schnitzer hatte sich Jahre zuvor auch sein Parteikollege geleistet.

McCains Respektlosigkeit gegenüber Obama

Das war im Jahr 2008, als John McCain gegen Barack Obama antrat. Auch hier galt das TV-Duell als letzte Chance, doch noch das Ruder herumzureißen. Doch McCain ließ deutlich die Verachtung für seinen Gegner erkennen, was bei den Wählern nicht gut ankam. Zudem zeigte er mit dem nackten Finger auf seinen Herausforderer, und das kommt in der politischen Kultur der USA einer großen Respektlosigkeit gleich.

Dass man TV-Duelle aber auch souverän gewinnen und dennoch verlieren kann, zeigen andere Beispiele aus Deutschland — vor allem aus NRW. Im Jahr 2005 etwa, als Jürgen Rüttgers (CDU) gegen Peer Steinbrück (SPD) antrat. In den Blitzumfragen nach dem zweiten TV-Duell lag Steinbrück in der Wählergunst eindeutig vorn, doch die Kompetenz in den Sachfragen musste er Rüttgers überlassen, der am Ende auch die Landtagswahl gewann.

Ganz anders erging es Rüttgers, als er 2010 gegen Hannelore Kraft antrat. Sie damals noch medial recht unerfahren, die sich in langen Sätzen verlor, er der souveräne Landesvater. Doch auch wenn Rüttgers als Sieger aus dem TV-Duell hervorging, musste er sich am Wahlabend Kraft geschlagen geben. Die SPD-Frau allerdings machte sich diese Erfahrung wohl zunutze, als sie 2012 gegen Norbert Röttgen antrat. "Es gelang ihr wie ehedem Rüttgers, den Bonus des amtierenden Ministerpräsidenten voll auszuspielen", schrieb damals die "Süddeutsche Zeitung". Und letztlich schaffte es Kraft nach der Wahl, aus ihrer rot-grünen Minderheitsregierung eine Regierung mit Mehrheit zu machen.

Die Beispiele der Vergangenheit zeigen, dass TV-Duelle durchaus Fettnäpfchen-Potenzial für die Kandidaten bieten — egal ob in Deutschland oder im Ausland. Das dürften auch Merkel und Steinbrück wissen. Und die beiden kennen sich aus der Zeit ihrer Zusammenarbeit in der großen Koalition. Entsprechend spannend dürfte es werden, wie die beiden nun als Gegenspieler miteinander umgehen.

(das)
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