Für die CSU im Wahlkampf Guttenberg plant den Wiederaufstieg

Berlin · Der über eine Plagiatsaffäre gestolperte Ex-Verteidigungsminister wird für die CSU wieder Wahlkampf machen. Ein Test für mehr.

 Karl-Theodor zu Guttenberg und Horst Seehofer am vergangenen Samstag bei einem "Zukunftstreffen" in Neufahrn bei München.

Karl-Theodor zu Guttenberg und Horst Seehofer am vergangenen Samstag bei einem "Zukunftstreffen" in Neufahrn bei München.

Foto: dpa

Millionen Deutsche dürfen wieder hoffen: Für sie gehen die sechs freiherrfreien Jahre in diesem Sommer zu Ende. Karl-Theodor zu Guttenberg ist zur Rolle rückwärts in die deutsche Politik bereit und hat CSU-Chef Horst Seehofer auf dessen Drängen die Beteiligung am Bundestagswahlkampf zugesagt. "Es dürfen ruhig ein paar mehr sein", meinte Seehofer bei einem internen Zukunftstreffen von CSU-Politikern in Neufahrn, als Guttenberg von ein paar Auftritten für die CSU, seine "politische Familie", sprach.

Das Bild von der Familie suggeriert sogleich das Gleichnis vom verlorenen Sohn, dessen Rückkehr vom Vater dankbar gefeiert wird. Das hatte ein Jahr nach Guttenbergs Rücktritt am Ende der Plagiatsaffäre um seine in vielen Teilen abgeschriebene Doktorarbeit noch anders ausgesehen. "Glühwürmchen" nannte der CSU-Chef damals die einstige Lichtgestalt. Auch Guttenberg selbst hatte aus dem Versuch, mit einem Interviewbuch ("Vorerst gescheitert") 2012 das Terrain für einen Wiedereinstieg zu testen, nur eines gelernt: viel zu früh. Noch im Februar 2016 hatte er eine schnelle Rückkehr in die deutsche Politik ausgeschlossen. Die "Expansion" seiner Anlage- und Beraterfirma in den USA fülle ihn "gänzlich aus", gab er zu Medienspekulationen zu Protokoll.

Und dann ließ er wieder den alten, wegen seiner schonungslosen Offenheit so beliebten Guttenberg durchblitzen: "Unabhängig davon würden die berechtigten Gründe für meinen Rücktritt sowie mein lausiger Umgang damit eine Rückkehr nicht rechtfertigen."

"Lausig" - viele Politiker- und Medienkommentare waren sich im Februar 2011 einig gewesen: Einer, der seine Sachen nicht im Griff hat und das Nebeneinander von Familie, Politik und Wissenschaft zu einem derartigen Durcheinander geraten lässt, dass er nicht mal gemerkt haben will, wie er seitenweise aus anderen Werken zitierte, ein solcher sei auch als Verteidigungsminister nicht mehr tragbar. Das große Publikum sah es anders: Noch am Tag seines Rücktritts meinten 70 Prozent, dass dieser nicht nötig sei.

Über Kurzzeit-Stationen als Außenpolitiker, CSU-Generalsekretär, Wirtschaftsminister und dann Verteidigungsminister war er zu Deutschlands charmantestem Politiker geworden, dessen Weg eigentlich von ganz alleine ins Kanzleramt zu führen schien. Dass man ihn nicht zu schnell abschreiben sollte, ahnte die Kanzlerin bei seiner Entlassung. Sie sei "überzeugt, dass wir - in welcher Form auch immer - in Zukunft Gelegenheit zur Zusammenarbeit haben werden", sagte Angela Merkel, als sie schilderte, wie sie sein Rücktrittsgesuch "schweren Herzens" angenommen habe.

Tatsächlich machte Guttenberg ein Hintertürchen wieder auf, als er mit seinen Parteifreunden Manfred Weber und Georg Fahrenschon die Neufahrner Gespräche über die Zukunft von Politik und Gesellschaft ins Leben rief. Schnell argwöhnte die Parteizentrale, dass es da vor allem um die Zukunft mit Guttenberg und ohne Seehofer gehen könnte. Doch spätestens seit dem letzten Treffen mit Seehofer ist diese Befürchtung Geschichte. In jedem Jahr bewies Guttenberg, dass mit ihm die große Welt nach Niederbayern kommt. So brachte er dieses Mal Peter Thiel mit, den Gründer des Online-Bezahldienstes Paypal. Stundenlang sprachen die Regionalpolitiker mit dem Milliardär über die Welt im Trump-Zeitalter.

Bei der Bewunderung über so viel Weltläufigkeit hatten christsoziale Politiker schon fast wieder den Glanz in den Augen, den sie bis 2011 bekamen, sooft sie die von Guttenberg befeuerten Umfragewerte betrachteten. Der Populäre scheint angesichts der Populisten auch neue Anziehungskraft zu genießen. Guttenberg sei in den durch "Trump, Putin und Erdogan so fordernden Zeiten eine gute Unterstützung für die CSU", sagt CSU-Vize Weber. Vor allem könne er außenpolitisch "einen wichtigen Beitrag in der deutschen Politik" leisten.

Politiker und Plagiats-Affären
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Vorerst geschieht dies allerdings ohne Perspektive und konkrete Posten-Aussichten. Sicherlich spielt bei Seehofers intensivem Bemühen um "KT", wie Guttenberg von Freunden wegen seiner Vornamen Karl-Theodor genannt wird, die Münchner Machtfrage eine zentrale Rolle. Der CSU-Chef will denjenigen an die Spitze bringen, der seiner Partei die meisten Stimmen bringt, und vor allem soll das nicht Finanzminister Markus Söder sein.

Somit wird die Serie von Guttenberg-Auftritten im Wahlkampf auch zum Test, ob das Idol von einst wieder zündet. Seine Fans wie seine Gegner dürften sich einig darin sein, dass Guttenberg diese zweite Chance nutzen wird. Und danach? "Jetzt gewinnen wir erst mal die Wahlen, und dann schaun mer mal", sagt Seehofer vor dem Neufahrner Schloss. Guttenberg lächelt dazu, schon wieder ganz lässig an eine der Staatskarossen gelehnt.

(may-)
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