Was für die Parteien auf dem Spiel steht Von Aufsteigern, Absteigern und Koalitionssuchern

Berlin · Viele Bürger hat der diesjährige Wahlkampf nicht wirklich interessiert. Die wirtschaftliche und persönliche Situation ist oft gut, wirklich polarisierende Themen gab es nicht. Und dennoch wird es kaum einen kalt lassen, wer denn nun nach dem 22. September dieses Land regiert – erst recht nicht die Parteien. Wir zeigen, was für die aussichtsreichsten Parteien bei dieser Bundestagswahl auf dem Spiel steht.

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Foto: dpa, Patrick Seeger

Viele Bürger hat der diesjährige Wahlkampf nicht wirklich interessiert. Die wirtschaftliche und persönliche Situation ist oft gut, wirklich polarisierende Themen gab es nicht. Und dennoch wird es kaum einen kalt lassen, wer denn nun nach dem 22. September dieses Land regiert — erst recht nicht die Parteien. Wir zeigen, was für die aussichtsreichsten Parteien bei dieser Bundestagswahl auf dem Spiel steht.

Die Umfragen in den Wochen vor der Bundestagswahl zeigten stets ein ähnliches Bild. Die Union lag deutlich vor der SPD, die FDP dümpelte irgendwo bei fünf Prozent herum. Die Linke mit einem relativ stabilen Ergebnis, die Grüne dagegen abstürzend. Und die Neulinge Piraten und AfD mussten sich meist mit unter fünf Prozent zufrieden geben. Doch haben die Menschen hierzulande nicht gewählt, noch kann sich das Blatt zu Gunsten des einen oder anderen wenden.

Die Union

Die CSU in Bayern hat es bei der dortigen Landtagswahl schon einmal vorgemacht, wie Wahlen perfekt laufen. Absolute Mehrheit für die Regionalpartei. Entsprechend optimistisch dürfte die CSU auch in die Bundestagswahl gehen und ein ganzes Stück mit dafür sorgen, dass die Union reichlich Stimmen bekommt. Bislang sah es für CDU und CSU in den Umfragen auch gut aus, hatte die Union doch immer die Nase vorn im Wettstreit mit der SPD. Doch auch die Union muss zittern, wenn die Bürger zur Wahlurne gerufen werden. Zwar haben sie mit Kanzlerin Angela Merkel ein mächtiges Zugpferd, das angesichts der Euro-Krise im Ansehen der Bürger hoch im Kurs steht. Doch ob das reicht, um erneut mit dem Wunschpartner FDP zu regieren, steht noch in den Sternen.

Denn die Koalition war bei Weitem keine Liebesheirat. Interne Streitigkeiten, verschobene Reformen - auch das gehört zur Bilanz von vier Jahren Schwarz-Gelb. Und kurz vor der Wahl dann auch noch der Streit um die Leihstimmen. Aber die Union weiß genau, warum sie bei dieser Wahl allein auf sich setzt und keine Unterstützung für die FDP einfordert. Denn das hatte sie vor vier Jahren ebenfalls einige Stimmen gekostet, und ein eigenes schlechtes Ergebnis nützt weder CDU noch CSU etwas. Entsprechend wurde von den Parteispitzen förmlich das Motto "Jeder kämpft für sich allein" ausgerufen.

Einen Koalitionspartner aber wird die Union brauchen. Entsprechend zurückhaltend gibt man sich auch in Sachen große Koalition. Denn nicht nur, dass es am Ende vielleicht mehrheitlich nicht für Schwarz-Gelb reicht (insbesondere wenn es die AfD in den Bundestag schafft), sondern der FDP droht sogar der Rauswurf aus dem Parlament. Dann muss die Union — wenn auch sicherlich nicht mit Begeisterung auf die SPD zugehen.

Die FDP

Für die Liberalen könnte dieser Wahlabend einer der wichtigsten in ihrer Parteigeschichte werden. Denn auch wenn die FDP sich in den Umfragen wieder um die fünf Prozent eingependelt hat, keiner weiß, ob es am Wahlabend wirklich reicht, um wieder den Einzug ins Parlament zu schaffen. Die bayerische Landtagswahl hat gezeigt, wie schnell die Liberalen draußen sind, und der Schock darüber dürfte auch am Wahlabend noch tief sitzen. Kein Wunder, dass die Parteispitze zuletzt deutlich verärgert darüber war, dass die Union den Liberalen nicht die Schützenhilfe gewährt, die sie besonders bei dieser Bundestagswahl so enorm brauchen.

Und selbst wenn die FDP den Einzug ins Parlament schafft: Dass sie wieder regieren darf, steht auf einem ganz anderen Blatt. Denn die Umfragen haben auch gezeigt, dass es äußerst knapp werden könnte in Bezug auf eine schwarz-gelbe Mehrheit. Sollte es insbesondere die AfD in den Bundestag schaffen, könnte dem Wunschbündnis manche Stimme zum Regieren fehlen. Und eine Koalition mit den Neulingen hatten beide Partner bereits ausgeschlossen.

Die SPD

Der Wahlkampf hat sich für die Sozialdemokraten von Anfang an eher schleppend gestaltet — auch angesichts der Fettnäpfchen und Pannen ihres Spitzenkandidaten Peer Steinbrück. Der konnte insbesondere seit dem TV-Duell zwar deutlich an Sympathien gewinnen, doch in den Umfragen geht es für die SPD nur leicht bergauf. Und auch der Wunschpartner, die Grünen schwächelte zuletzt massiv. Eine rot-grüne Mehrheit, mit der man gern regieren möchte, scheint in den Sternen zu stehen. Und ein rot-rot-grünes Bündnis hat die Parteispitze kategorisch ausgeschlossen.

Was also tun? In die Opposition gehen? Für Peer Steinbrück ist das abseits von Rot-Grün glasklar. Mit ihm, so hat er immer wieder betont, wird es keine große Koalition geben. Doch soll es für die Partei endlich wieder aufwärts gehen, muss sie sich letztlich in einer Regierung bewähren — auch mit der ungeliebten Option eines Bündnisses mit der Union. Auch wenn viele Sozialdemokraten dabei ein flaues Gefühl im Magen haben angesichts der Erfahrung aus 2009, so ganz schließt diese Option dann doch niemand aus.

Im Übrigen hofft die SPD natürlich auch, nicht wieder ein solche desaströses Wahlergebnis einzufahren wie 2009. Ob das gelingen kann, zeigt sich erst, wenn die Wahllokale geschlossen sind.

Die Grünen

Auch für sie geht es um die Machtoption. Gerne würden sie wieder an der Seite der SPD regieren. Doch die Chancen stehen nicht sonderlich gut. Bislang hin die Partei dabei am seidenen Faden der SPD, die in den Umfragen nicht wirklich vorankam. Doch zuletzt hat es die Grünen selnst erwischt. Einst der Umfragen-Überflieger, kam nur kurz vor der Bundestagswahl angesichts der Steuerpläne, Veggie-Day und der Pädophilie-Debatte der Absturz. Nun sind es insbesondere die Grünen, die einer Wiederauflage von Rot-Grün im Wege stehen könnten. Und nicht nur das. Auch die zweite — wenn auch eher theoretische Option eines schwarz-grünen Bündnisses könnte mit einem massiv schlechten Abschneiden der Partei in weitere Ferne als ohnehin schon rücken.

Die Linke

Sie wollen endlich auch rein in die Regierung, doch die Chance darauf werden sie wohl auch in diesem Jahr nicht haben. Zumindest hat dies der mögliche Koalitionspartner SPD ausgeschlossen. Dennoch trommelt die Partei immer wieder für ein rot-rot-grünes Bündnis, ist dies doch ihre wohl einzige Chance, auch einmal Regierungsluft im Bund schnuppern zu können. Die Umfrageergebnisse der Partei jedenfalls waren in den letzten Wochen stabil — immer so um die zehn Prozent oder etwas mehr.

Die Alternative für Deutschland (AfD)

Sie könnte die größte Überraschung bei der Bundestagswahl bieten. Die erst im Mai gegründete Partei der Euro-Skeptiker liegt in den Umfragen zwar unter fünf Prozent, doch selbst Demoskopen halten es für möglich, dass die AfD am Wahlabend doch denj Sprung ins Parlament schafft. Das dürfte den Polit-Neulingen um Bernd Lucke vielleicht sogar genügen, denn zumindest könnten sie sich dann im Parlament bei den weiteren Euro-Debatten ordentlich Gehör verschaffen. Eine Koalition mit der Partei haben die großen Parteien dagegen schon ausgeschlossen. Doch freuen dürfte sich die AfD am Ende doch — wenn sie Schwarz-Gelb einige Stimmen wegnimmt und es vielleicht sogar aufgrund ihres Daseins nicht mehr für die Koalition reicht.

Die Piraten

Um sie ist es in den vergangenen Wochen ruhig geworden. Waren sie zunächst der politische Überflieger, der es in immerhin vier Landtage bei Wahlen geschafft hatte, so folgte jäh der Absturz. Nicht einmal die Fünf-Prozent-Hürde würden sie nach den letzten Umfragen noch knacken. Dabei war es das große Ziel der Piraten, auch im Bund politisch mitzuspielen. Denn auch ihnen dürfte bewusst sein, dass es vom Überflieger bis zur Einordnung in die "sonstigen Parteien" manchmal kein großer Schritt ist. Immerhin: Selbst wenn es die Partei nicht in den Bundestag schafft, dann kann sie zumindest auf Länderebene dafür sorgen, dass man sie hört und die Piraten nicht so schnell aus dem politischen Bild verschwinden, wie sie gekommen sind.

(das)
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