Thomas Oppermann "Über Datenschutz per Volksentscheid abstimmen"

Der SPD-Parlamentsgeschäftsführer spricht über seine Rolle als möglicher Innenminister. Für den Wahlkampf verspricht er Zuspitzung.

Thomas Oppermann: "Über Datenschutz per Volksentscheid abstimmen"
Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Sollten Sie Innenminister einer neuen Bundesregierung werden, werden Sie dann ein Law-and-Order-Mann, wie Otto Schily es war?

Oppermann Otto Schily hat eine historische Leistung vollbracht: Er hat gezeigt, dass die Bürger nicht auf Freiheit verzichten müssen, wenn der Staat zum Schutz vor Terroristen drastische Maßnahmen ergreifen muss. Er hat Freiheit und Sicherheit zum Ausgleich gebracht, und das bekommt diese Bundesregierung nicht hin. Innenminister Friedrich spielt mit der Angst, um konservativen Wählern zu gefallen. Wer ständig alarmiert und nach mehr Überwachung ruft, wird aber nicht nur unglaubwürdig. Er trägt auch Verantwortung für eine wachsende Angst in der Gesellschaft.

Was kann man dagegen tun, wenn die Briten unsere Daten ausspähen?

Oppermann Frau Merkel muss das britische Spähprogramm beim Europäischen Rat so klar ansprechen, dass es auch Konsequenzen hat. Sie muss endlich aktiv werden und dafür sorgen, dass eine Totalüberwachung von deutschen Bürgern gestoppt wird.

Könnten unsere Datenschutzbestimmungen im Internet per Volksabstimmung entschieden werden?

Oppermann Ja. Unser Konzept für direkte Demokratie sieht vor, dass auch über die Frage, wie umfänglich der Datenschutz im Internet sein soll, per Volksentscheid abgestimmt werden kann. Eine Bürgerbeteiligung bei diesem Thema kann ich mir gut vorstellen.

Wie viel Zugriff auf Online-Daten der Bürger braucht man, um effektiv Cyber-Kriminalität zu bekämpfen?

Oppermann Cyber-Kriminalität und Attacken aus dem Internet sind ein von der Bundesregierung massiv unterschätztes Problem. Wir haben viel zu wenig in den Schutz von kritischen Infrastrukturen investiert. Angriffe aus dem Internet sind international. Der Schutz vor Cyber-Angriffen und der Grundrechtsschutz sind bislang nur national. Das passt nicht zusammen. Wir brauchen dringend eine europäische Cyber-Sicherheitsstrategie und eine Datenschutzrichtlinie, mit der wir die Daten der Bürger international auch gegenüber den USA besser schützen können.

Wie ernst nehmen Sie es, dass Forsa Ihre Partei im Moment lediglich bei 22 Prozent sieht?

Oppermann Entscheidend sind Wahlergebnisse. Umfragen haben uns bei vielen Landtagswahlen Niederlagen prognostiziert, aber wir haben es am Ende dennoch in 13 Landesregierungen geschafft. Ich glaube, dass die Inhalte der SPD — gesellschaftliche Modernisierung, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Stabilität — so attraktiv sind, dass wir auch bei der Bundestagswahl punkten werden.

Ihre Inhalte werden von Debatten über den Spitzenkandidaten überlagert. Was muss sich ändern?

Oppermann Wir suchen die Zuspitzung. Wir sagen klar, wofür wir stehen: für einen fairen Mindestlohn, für bezahlbare Mieten und für eine auskömmliche Rente. Ich glaube, da stehen viele Menschen hinter uns —nur Frau Merkel ist dagegen.

ANDREAS GRUHN UND EVA QUADBECK FASSTEN DAS GESPRÄCH ZUSAMMEN.

(RP)
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