Angst vor Wähler-Beeinflussung Twitter-Verbot bei Bundestagswahl?

Hamburg (RPO). Der Online-Dienst Twitter beschäftigt die Politik: Bei der Bundestagswahl könnte es zu einer unerlaubten Beeinflussung der Wähler kommen. Politiker befürchten, dass die Ergebnisse der Nachwahlbefragungen bereits vor der Schließung der Wahllokale im Internet veröffentlicht werden. Jetzt droht ein Twitter-Verbot bei den sogenannten Exit-Polls.

Was ist Twitter?
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Foto: Twitter

Die Follower der CDU-Abgeordneten Julia Klöckner wussten es vor dem Rest der Republik: Horst Köhler wird in seine zweite Amtszeit als Bundespräsident gehen. Klöckner saß in der Zählkommission der Bundesversammlung und zwitscherte das Ergebnis live in das World Wide Web - noch bevor der Wahlausgang offiziell bekannt gegeben wurde. Damit löste Klöckner in den Tagen nach dem 23. Mai einen Sturm der Entrüstung aus.

Das soll sich am 27. September nicht wiederholen. Dann geht es nicht um den Bundespräsidenten, sondern um den Bundestag und die kommende Bundesregierung. Bundeswahlleiter Roderich Egeler und Politiker aller Parteien fürchten nun, dass die Ergebnisse der Nachwahlbefragungen vor der Schließung der Wahllokale ins Internet gelangen - und so womöglich das Wahlergebnis beeinflussen

Angst um Nachwahlbefragungen

Damit die Fernsehanstalten bereits unmittelbar nach Schließung der Wahllokale eine Prognose abgeben können, befragen die Meinungsforschungsinstitute seit vielen Jahren Wähler in ausgewählten Bezirken nach der Stimmabgabe über ihre Entscheidung.

Die Ergebnisse dieser Wahlnachfrage dürfen aber keinesfalls vor 18.00 Uhr veröffentlicht werden. Obwohl bei Verstößen dagegen Geldbußen bis zu 50.000 Euro drohen, gilt ein Missbrauch mit Blick auf Twitter als nicht mehr ausgeschlossen. Die Institute informieren nämlich auch die Parteien traditionsgemäß vorzeitig über die Zahlen.

"Es wäre der GAU, wenn die Wählerbefragungen vor Schließung der Wahllokale öffentlich bekannt würden", sagte Bundeswahlleiter Egeler dem "Spiegel". Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz äußerte die Befürchtung, dann könnten sich Netzwerke bilden, um mit den Ergebnissen der Exit-Polls Wähler noch in letzter Minute zu mobilisieren. Der Bundestagsabgeordnete forderte daher sogar, "über ein Verbot der Wählerbefragungen nachzudenken".

"Kodex des Stillschweigens" vorgeschlagen

Die stellvertretende CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär plädierte dafür, alle Eingeweihten auf einen "Kodex des Stillschweigens" zu verpflichten. Der Bundeswahlleiter will in den nächsten Wochen mit den Umfrageinstituten über notwendige Sicherungsmaßnahmen beraten. Sollte die Vertraulichkeit nicht anders gewahrt werden können, sollte "der Gesetzgeber darüber nachdenken, ob die Nachbefragungen der Wähler weiter zugelassen werden", empfahl Egeler. SPD-Experte Wiefelspütz räumte aber ein, dass die Verabschiedung entsprechender Gesetzesregelungen kaum noch in der zu Ende gehenden Legislaturperiode zu schaffen wäre.

(AP)
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