Liberale für Sondierungen mit SPD und Grünen Lindner streicht die Farbe Gelb in der Ampel heraus

Analyse | Berlin · FDP-Chef Christian Lindner betont die Eigenständigkeit seiner Partei – und bereitet so die Entscheidung der Liberalen vor, in die Sondierungsphase mit SPD und Grünen zu gehen. Die Jamaika-Option lässt er sich offen, doch eine erste wichtige Weiche Richtung Ampel ist gestellt.

 FDP-Chef Christian Lindner am Mittwoch nach der Gremiensitzung seiner Partei. 

FDP-Chef Christian Lindner am Mittwoch nach der Gremiensitzung seiner Partei. 

Foto: dpa/Michael Kappeler

Eine halbe Stunde lässt der FDP-Vorsitzende die Journalisten warten. Um halb zwölf tritt Christian Lindner vor die Mikrofone, in der Tasche ein sorgsam vorformuliertes Statement. Die FDP sei als „eigenständige Partei“ bei der Bundestagswahl angetreten, und sie trete auch nur ein in eine „Regierung der Mitte“, die den „Wert der Freiheit“ hochhalten werde, betont Lindner. „Wir fühlen uns in unseren Entscheidungen frei.“ Nach diesen Sätzen ist bereits klar, was dann folgt: die schwerwiegende Entscheidung der FDP-Gremien, nun in die Sondierungsphase mit der SPD und den Grünen zu gehen.

Die Betonung der Eigenständigkeit und der inhaltlichen Unabhängigkeit ist besonders wichtig für die FDP, könnte sie doch viele ihrer Wähler mit dieser Weichenstellung in Richtung Ampelkoalition verprellen. Die FDP hat mehr Gemeinsamkeiten und Schnittmengen mit der Union, und aus ihrer Vorliebe für Jamaika mit Union und Grünen hat sie nie einen Hehl gemacht. Aber der Wahlsieg der SPD, der beklagenswerte Zustand der Union und das Drängen der Grünen ließen den Liberalen bei diesem nächsten Schritt keine andere Wahl. Lindner muss jedoch aufpassen, dass er seine Unterstützer und die Partei mitnimmt in das Ampel-Abenteuer.

Er spricht deshalb auch nur von einem „Gedankenaustausch“ mit Grünen und SPD, der nun beginnt. Zudem betont der FDP-Chef, dass Jamaika selbstverständlich eine Option im Hintergrund bleibe. Er weist darauf hin, dass die Grünen das ebenfalls gerade betont hätten. Und er verweist noch einmal auf die Union, deren Regierungswille unklar bleibe.

Ob es für ihn ein Foul gewesen ist, dass die Grünen-Chefs die Ampelgespräche noch während der entscheidenden Sitzung der FDP-Gremien am Mittwochmorgen verkündet haben, lässt Lindner mit stoischer Miene nicht durchblicken. Auf die Frage, ob die Grünen dieses Vorgehen mit ihm abgesprochen hätten, sagt er allerdings, man stehe im „regelmäßigen Austausch“ – das ist eine Bestätigung der Absprache. Die Grünen überlassen es an diesem Morgen überdies dem FDP-Vorsitzenden zu verkünden, dass er bereits mit SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz telefoniert habe. Man werde sich am Donnerstag das erste Mal in der Dreier-Konstellation treffen.

Überhaupt ist es Lindner, der den Grünen wieder die Hand reicht: Es habe sich in den Zweiergesprächen der vergangenen Woche ein „gemeinsames Interesse“ von Grünen und FDP ergeben, wenngleich die Unterschiede beider Parteien groß seien. Dieses gemeinsame Interesse sei ein „fortschrittsfreundliches Zentrum“ in einer neuen Regierung zu bilden. „Daraus ergibt sich viel Fantasie“, sagt Lindner.

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