Söder zu K-Frage „Die eigentliche Krise wäre, die Wahl haushoch zu verlieren“

Berlin · Im Kampf um die Kanzlerkandidatur bei der Union setzt die CSU darauf, dass die CDU-Unterstützer ihres Parteichefs aus der Deckung kommen und sich offensiv für Markus Söder aussprechen. Der Vorsitzende der Jungen Union Bayern warnte: ,„Es geht nicht nur um den drohenden Verlust der Kanzlerschaft.“

 Markus Söder, CSU-Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Bayern

Markus Söder, CSU-Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Bayern

Foto: dpa/Peter Kneffel

Im Ringen um die Kanzlerkandidatur der Unionsparteien richten sich die Blicke auf die gemeinsame Bundestagsfraktion. An diesem Dienstagnachmittag kommen die Abgeordneten zu ihrer regulären Sitzung zusammen. CSU-Chef Markus Söder setzt darauf, dass dort der Rückhalt für seinen Kontrahenten, den CDU-Vorsitzenden Armin Laschet, nicht so einhellig ist wie am Montag in den CDU-Parteigremien und dass er das Meinungsbild noch zu seinen Gunsten drehen kann.

Für Abgeordnete gehe es um den „Gewinn oder Verlust des Wahlkreises“, sagte der bayerische Ministerpräsident der Online-Sendung „Bild live“. Wenn man auf aktuelle Umfragedaten schaue, sehe man, dass früher sichere schwarze Wahlkreise „jetzt grün im Süden, rot im Westen und blau im Osten“ seien. Söder zeigte sich bereit, an der Fraktionssitzung teilzunehmen, um dort über die K-Frage zu sprechen. „Wenn der Wunsch besteht, bin ich gerne dort.“ Laschet hatte zuvor mitgeteilt, eine Teilnahme nicht geplant zu haben.

CSU-Chef Markus Söder deutete an, dass er für das Wahlprogramm der Union als Kanzlerkandidat einen anderen Akzent setzen würde als CDU-Chef Armin Laschet. Man müsse stärker auf Modernisierung und Nachhaltigkeit setzen, sagte er im Bayerischen Rundfunk. Er habe mit Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ausgemacht, eine Klima-Allianz auf den Weg zu bringen, sollte er Ministerpräsident in Bayern bleiben.

Söder pochte zudem darauf, dass Umfragen für die Auswahl des Unions-Kanzlerkandidaten entscheidend sein sollten. Man müsse in die Bevölkerung „hineinhorchen“, sagt der CSU-Chef im Bayerischen Rundfunk. „Die eigentliche Krise wäre, die Wahl haushoch zu verlieren“, fügt er hinzu. Man müsse „zwei, drei Tage“ überlegen dürfen, wie die Union die größten Chancen bei der Bundestagswahl habe. Es sei gut möglich, dass sich CDU und CSU diese Woche einigen könnten. „Es kann am Ende darauf hinauslaufen, dass es Armin macht. Aber es kann auch ein anderes Ergebnis haben“, sagte Söder.

Die CSU setzt darauf, dass die CDU-Unterstützer ihres Parteichefs aus der Deckung kommen und sich offensiv für Markus Söder aussprechen. Der Vorsitzende der Jungen Union (JU) Bayern, Christian Doleschal, warnte vor einem drohenden Absturz der Union in die Bedeutungslosigkeit unter einem Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU). Zunächst solle die Bundestagsfraktion in ihrer Sitzung am Dienstag ihre Meinung kundtun, sagte Doleschal der Nachrichtenagentur AFP. Einem Medienbericht zufolge haben sich inzwischen 70 CDU-Abgeordnete der Forderung nach einer Aussprache in der Unionsfraktion zur Kanzlerkandidatur angeschlossen.

Der für die CSU im Europaparlament sitzende Doleschal rief auch die CDU-Landesverbände auf, sich zu äußern. „Jetzt wäre ein geeigneter Zeitpunkt für die CDU-Landesverbände zu sagen, wenn sie für Söder sind“, sagte er. Die Unterstützung des CDU-Präsidiums für Laschet nannte er auch mit Blick auf die guten Umfragen für Söder „nicht in Übereinstimmung mit der Meinungsbildung in der Bevölkerung und in der CDU“.

„Es geht nicht nur um den drohenden Verlust der Kanzlerschaft“, mahnte Doleschal mit Blick auf die Bundestagswahl im September. „Am Ende geht es darum, ob wir uns als Union selbst in die Bedeutungslosigkeit führen.“ Deshalb müsse der Auswahlprozess zwischen Laschet und Söder klug gestaltet werden. Einen Grund für die von Laschet geforderte schnelle Entscheidung sah er nicht.

Auch Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU) machte sich für Söder stark. „Markus Söder weiß, was die Menschen bewegt“, sagte sie dem Nachrichtenportal „watson“. Viele Bürger würden Söder „für sein tatkräftiges politisches Geschick, sein Gespür für Zukunftsfragen und seine strategischen Fähigkeiten“ schätzen.

Nach einem Bericht des Nachrichtenportals "The Pioneer" (Dienstagsausgabe) schlossen sich inzwischen 70 CDU-Abgeordnete der Forderung nach einer Aussprache in der Unionsfraktion zum Thema Kanzlerkandidatur an. Dies gehe aus einer aktualisierten Fassung der seit vergangener Woche kursierenden Erklärung von Abgeordneten hervor.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) warb derweil für Laschet als Kanzlerkandidaten. „Die entscheidende Frage ist, wer kann die gesamte Union am besten repräsentieren“, sagte Bouffier. Söder könne nicht erfolgreich sein, wenn er nicht auch 15 CDU-Landesverbände hinter sich habe. Laschet und Söder müssten bis Ende der Woche gemeinsam eine Entscheidung herbeiführen. Ein weiteres Gremium müsse nicht befasst werden. Auch die guten Umfragen für Söder ließ der CDU-Vize nicht gelten: Umfragen seien „flüchtig und sie verändern sich“.

Wie Bouffier mahnte auch die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner Geschlossenheit bei der Union an. „CDU und CSU sind nur stark gemeinsam, wenn miteinander gemeinschaftlich die Frage der Kanzlerkandidatur geklärt wird“, sagte die Bundeslandwirtschaftsministerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstagsausgabe).

Die Präsidien der Schwesterparteien waren am Montag zu gegensätzlichen Ansichten über die Kanzlerkandidatur der Union gekommen - die CDU-Spitze stellte sich hinter Laschet, die CSU hinter Söder. Die CSU strebt nun weitere Gespräche über die Entscheidung an. Dazu zählte der in den Umfragen vorne liegende Söder auch die Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Dienstag, wobei er dort nicht von einer Abstimmung ausging.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil warf der Union vor, sich in Selbstbeschäftigung und internem Streit zu verlieren. Es gebe nun „einen Machtkampf auf offener Bühne zwischen zwei egoistischen Ministerpräsidenten“, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). „CDU und CSU lähmen unser Land.“ Die Union brauche „eine Auszeit auf der Oppositionsbank“.

(lha/afp/dpa/Reuters)
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