Nach Scheitern der Sondierungsgespräche Schwarz-Grün wärmt "Pizza-Connection" auf

Berlin · Nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU und Grünen werden alte Perspektivgespräche wiederbelebt.

 Zwei Mitglieder der "Pizza-Connection" von damals, Cem Özdemir (Grüne, links) und Armin Laschet (CDU) 2006 bei einem Treffen in Düsseldorf.

Zwei Mitglieder der "Pizza-Connection" von damals, Cem Özdemir (Grüne, links) und Armin Laschet (CDU) 2006 bei einem Treffen in Düsseldorf.

Foto: dpa

Obwohl die Sanierungsgespräche zur Bildung einer schwarz-grünen Bundesregierung ohne Ergebnis geblieben sind, werden hinter den Kulissen schwarz-grüne Bündnisse in den Ländern und 2017 auch im Bund angepeilt. So soll die legendäre "Pizza-Connection", ein Gesprächskreis von Unions- und Grünen-Politikern aus den 90er Jahren zur Entwicklung gemeinsamer Perspektiven, wiederbelebt werden.

"Den Schwung aus den beiden Sondierungsgesprächen müssen wir nutzen, um die persönlichen wie politischen Bande zu stärken", sagte der CDU-Abgeordnete Jens Spahn. "Wir werden eine Pizza-Connection 2.0 auflegen, auch mit ein paar neuen Gesichtern", kündigte Spahn an. Schließlich gebe es bei allen Differenzen auch viele Gemeinsamkeiten. Spahn will die Wiederbelebung auf CDU-Seite in die Hand nehmen.

Leicht zurückhaltend reagierten die befragten Grünen. Omid Nouripour, Grünen-Chef im schwarz-grün regierten Frankfurt, meinte: "Ich muss mit den Schwarzen nicht Pizza essen, um mit ihnen reden zu können." Nach den Erfahrungen der Frankfurter Grünen ist eine vertrauensvolle und verlässliche Zusammenarbeit mit den Christdemokraten möglich. Und zwar zu beiderseitigem Nutzen: CDU und Grüne waren nach ihrer Rathauskoalition vom Wähler gestärkt worden. Aufgeschlossen äußerte sich Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Britta Haßelmann. Sie arbeite mit Spahn in der deutsch-niederländischen Parlamentariergruppe zusammen: "ich trinke bereits hin und wieder gerne einen Tee mit ihm."

Zwar hatten die Grünen in der Nacht zu gestern eine Koalition mit der Union am Ende auf Eis gelegt, doch waren sich in den sechsstündigen Verhandlungen Schwarze und Grüne vielfach näher als gedacht. Bei der Zuwanderung, früher ein Tabuthema für Konservative, gab es übereinstimmende Äußerungen über eine bessere Willkommenskultur in Deutschland und die Notwendigkeit einer qualifizierten Zuwanderung. Die Themen Infrastrukturfinanzierung und Europa seien "in großer Harmonie" besprochen worden, berichtete ein Unions-Teilnehmer. Stets sei die Atmosphäre ruhig und respektvoll gewesen, hieß es.

Beim großen schwarz-roten Streitthema Mindestlohn wären Union und Grüne wohl schneller einig geworden. Dass die Grünen am Ende Koalitionsverhandlungen doch platzen ließen, ist den inhaltlichen Differenzen in der Steuerpolitik geschuldet. Auch wenn Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu Kompromissen bereit gewesen wäre, konnte die Berliner Grünen-Spitze um Ex-Fraktionschef Jürgen Trittin nicht gleich im ersten Gespräch sämtliche Steuerpläne kassieren. Doch die Revision ist auf dem Weg.

So dürfte es das letzte Mal gewesen sein, dass sich Union und Grüne ergebnislos trennten. Beide haben gemerkt, dass es sogar Spaß machen kann, mit den jeweils anderen zu sprechen. In Hessen soll nun Volker Bouffier erstmals eine schwarz-grüne Koalition in einem Flächenland auf die Beine stellen. Auch Grünen-Geschäftsführerin Steffi Lemke wertete die Gespräche als sehr konstruktiv. Union und Grüne könnten jetzt deutlich besser miteinander als in den vergangenen 20 Jahren. Und sollte sich die SPD einer Koalition mit der Union verweigern, dann wäre Grünen-Chef Cem Özdemir zu neuen Sondierungen bereit.

(brö/mar/may-)
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