Kommunikationstrainer untersucht TV-Duell Merkel strahlte Geborgenheit aus

Berlin · Wer konnte durch Körperhaltung, Mimik und Ausstrahlung überzeugen? Wo gab es Sympathie-Abzüge? Der Münchner Kommunikationstrainer Stephan Lermer hat das TV-Duell zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück unter die Lupe genommen.

Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat nach Einschätzung des Münchner Kommunikationstrainers Stephan Lermer das TV-Duell mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erfolgreich für sich genutzt. "Inhaltlich war ich beeindruckt von Herrn Steinbrück", sagte Lermer am Sonntag im Anschluss an die Debatte. Allerdings hat die Kanzlerin die Live-Sendung Lermer zufolge souveräner absolviert.

Der Herausforderer habe sehr authentisch gewirkt. Sein Fehler sei aber gewesen, dass er zu verkrampft agiert und zu viel auf einmal gewollt habe. "Herr Steinbrück hat zu viele Inhalte in zu kurzer Zeit unstrukturiert auf einmal gebracht", sagte Lermer.

Weniger wäre demnach oft mehr gewesen. Zudem habe Steinbrück, wenn er gerade nicht sprach, in Haltung und Mimik "wie ein beleidigter Bube" ausgesehen.

"Steinbrück hat die Inhaltsebene voll abgedeckt, aber Frau Merkel hat neben den Inhalten auch die Beziehungsebene bedient", sagt Lermer. Anders als ihr Konkurrent habe Merkel öfter gelächelt und sich auch einmal Steinbrück zugewandt. Zudem habe sie sich bei den Inhalten auf weniger Kernbotschaften konzentriert. Ein weiterer Vorteil: "Wie US-Präsident Barack Obama bei seinen TV-Duellen hat Merkel Attacken des Herausforderers stoisch hingenommen", sagte Lermer.

Auffällige Häufung von Floskeln

Auch die Ausstrahlung der Macht kam Merkel demnach zugute. "Dass sie am Ende zehn Prozent mehr Redezeit hatte, zeigt, dass die Journalisten mehr Respekt oder mehr Angst vor ihr hatten", sagte Lermer.

Die Art und Weise wie Merkel Unterbrechungsversuche der Journalisten hat abprallen lassen, habe jedoch unsympathisch gewirkt. Zudem sei die Häufung von "Floskeln" bei Merkel auffällig. Dennoch: "Merkel strahlt Geborgenheit spendende Kontinuität aus", sagte Lermer.

Beide Kandidaten sind dem Kommunikationscoach zufolge eher unauffällig gekleidet gewesen. Merkels Kette in den Deutschlandfarben wirkte Lermer zufolge konservativ, doch die von der Flagge abweichende Farbanordnung signalisiere zugleich Kreativität. Lermer sieht darin ein Indiz für den Aufwand, den beide Kandidaten vor der Sendung betrieben haben: "Die Auftritte beider Kandidaten waren gründlich vorbereitet, da war jedes Lächeln kalkuliert."

(AFP)
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