„Befremdlich“ und „inakzeptabel“ Massive Kritik an SPD-Wahlspot wegen Bezug auf Religion

Köln · Wegen der Thematisierung der religiösen Überzeugung von Parteigegnern im Wahlkampf steht die SPD massiv in der Kritik. In dem jüngst vorgestellten Matroschka-Werbespot heißt es "Wer Armin Laschet von der CDU wählt...wählt erzkatholische Laschet-Vertraute, für die Sex vor der Ehe ein Tabu ist".

 Gegen ihn wettert die SPD in dem umstrittenen Wahl-Werbespot: Staatskanzleichef Nathanael Liminski (Archivbild).

Gegen ihn wettert die SPD in dem umstrittenen Wahl-Werbespot: Staatskanzleichef Nathanael Liminski (Archivbild).

Foto: dpa/Henning Kaiser

Bislang seien solche Themen im Wahlkampf deutscher Regierungsparteien stets umgangen worden, berichtete zuerst der "Tagesspiegel".

In dem Video, bei dem nacheinander russische Matroscka-Puppen mit CDU-Politiker-Gesichtern geöffnet werden, wird auf den Leiter der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, Nathanael Liminski (35), abgezielt. Die zitierte Position beziehe sich demnach auf eine Talkshow-Äußerung Liminskis aus dem Jahr 2007. Damals habe der Sohn einer katholischen Familie einen papsttreuen Glauben propagiert und diese Position im Fernsehen vertreten.

Der Vorsitzende der NRW-Landesgruppe der CDU im Bundestag, Günter Krings, verurteilte den Spot. "Dass höchstpersönliche Themen und religiöse Überzeugungen zum Gegenstand politischer Angriffe gemacht werden, hat es in der Nachkriegszeit so noch nicht gegeben", sagte Krings dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag).

Auch der Leiter des Katholischen Büros in Düsseldorf, Antonius Hamers, kritisierte in der Zeitung die Wahlwerbung. "In dieser Weise antikatholische Klischees zu verbreiten, finde ich sehr befremdlich", sagte der Vertreter der fünf NRW-Bistümer beim Landtag. Er halte es für falsch, jemanden wegen seines Glaubens zu diskreditieren, fügte Hamers hinzu.

Der ehemalige religionspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, äußerte auch Kritik: "Es ist völlig inakzeptabel, den Glauben von jemandem auf diese Weise abzuwerten." Liminski mit dem Begriff "erzkatholisch" zu kritisieren sei daneben. "Problematische Positionen und Beziehungen von Politikern sollten bei der Person allerdings konkret hinterfragt werden", sagte der Lehrbeauftragte des Centrum für Religionswissenschaftliche Studien an der Uni Bochum der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Samstag. So sei laut Beck die Frage gestattet, ob der Politiker noch die Positionen und Verbindungen aus früheren Jahren habe.

Der Staats- und Kirchenrechtler Hans Michael Heinig kennt laut "Tagesspiegel" keinen anderen Fall, in dem die Religion des Vertrauten eines Spitzenpolitikers "in solcher Weise bewusst politisiert wurde". Heinig hält demnach den Vorgang politisch für einschneidend. Denn seit einigen Jahrzehnten sei die SPD bemüht gewesen, ihr positives Verhältnis zu den Kirchen herauszustellen.

Der Göttinger Kirchenrechtler sprach von einem "Paradigmenwechsel, der auch den christlichen Traditionsabbruch reflektiert". Katholizismus strengerer Observanz sei inzwischen in weiten Teilen der Gesellschaft negativ besetzt, sagte er. "Das kann die Religionsfreiheit und die hinreichende Differenzierung zwischen Religion und Politik unterspülen", so Heinig in der Zeitung.

(felt/kna)
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