Ex-SPD-Chef Vogel im Interview "Kooperation mit Linkspartei möglich"

Düsseldorf (RP). Der frühere SPD-Chef Hans-Jochen Vogel hat 1983 vorgemacht, wie die SPD aus einer Niederlage heraus wieder aufgerichtet werden kann. Im Interview mit unserer Redaktion spricht er sich für Kooperationen mit der Linkspartei in der Opposition aus und mahnt eine personelle Erneuerung an der Spitze der Partei an.

 Der ehemalige SPD-Parteivorsitzende Hans-Jochen Vogel hält eine Kooperation mit der Linkspartei für möglich.

Der ehemalige SPD-Parteivorsitzende Hans-Jochen Vogel hält eine Kooperation mit der Linkspartei für möglich.

Foto: ddp, ddp


Wie bewerten Sie das schwächste Ergebnis der SPD in ihrer Geschichte?
Vogel: Das Ergebnis ist ein Desaster. Aber die Partei ist in ihrer Geschichte schon auf härtere Proben gestellt worden und hat sie bestanden.

Braucht die Partei eine inhaltliche und personelle Erneuerung?
Vogel: Die Partei braucht eine sorgfältige Analyse der Ursachen. Ich glaube aber nicht, dass die SPD ihre Positionen, wie sie im Wahlprogramm formuliert worden sind, verändern muss. Personell bedarf es einer Erneuerung, aber auch einer gewissen Kontinuität. Beides ist 1983 geschehen, als mir nach meiner Niederlage als Kanzlerkandidat der Fraktionsvorsitz übertragen wurde. Deshalb begrüße ich es, dass Frank-Walter Steinmeier für den Fraktionsvorsitz kandidiert.

Welchen Anteil hat Parteichef Müntefering an der Niederlage?
Vogel: Der Parteivorsitzende hat seinen Anteil an der gemeinsamen Verantwortung. Es wäre aber nicht fair, die gemeinsame Verantwortung speziell bei ihm abzuladen.

Muss die Partei wieder mehr auf ihre Mitglieder, die Basis, zugehen anstatt über Führungsleute und inhaltliche Positionen von oben quasi akklamativ zu entscheiden?
Vogel: Es ist immer gut, auf die Basis zu hören und sie zu beteiligen. Manchmal sind rasche Entscheidungen aber unvermeidlich. So war es wohl bei den Vorschlägen für die dicht aufeinander folgenden Wechsel an der Parteispitze in den letzten Jahren.

Was spricht gegen eine Mitgliederbefragung für den Parteivorsitz?
Vogel: Dafür müsste es zunächst mehrere Kandidaten geben. Allerdings könnte es sich nur um eine Befragung handeln, nicht um einen Mitgliederentscheid. Einen solchen lässt das Parteiengesetz nicht zu.

Sollte der Fraktions- und der Parteivorsitz in einer Hand liegen?
Vogel: Das ist nicht zwingend. Es gab in der Vergangenheit sowohl das eine als auch das andere.

Muss die SPD in der Opposition eine verstärkte Kooperation mit der Linken suchen, um Schwarz-Gelb herauszufordern?
Vogel: Die SPD muss entschieden ihre eigenen Positionen vertreten, vor allem gegen neoliberale Exzesse einer schwarz-gelben Bundesregierung. Dabei sollte die SPD aber immer auf dem Boden der Realität bleiben. Wenn sich die Linkspartei dem im Einzelfall anschließt, umso besser. Dazu mag es dann auch wechselseitige Sondierungen geben, wie sie mit den Grünen wohl ganz normal sein werden.

Ist nicht eine Lehre aus dem Ergebnis, das die SPD eine Machtoption braucht und sie sich also künftig von Ausschlussdogmen nicht mehr leiten lassen sollte?
Vogel: Sicher braucht die SPD eine Machtoption, aber es kann Situationen geben, in denen man bestimmte Konstellationen schon vor der Wahl ausschließen muss. So wenn eine Partei, wie die Linkspartei derzeit, zumindest in der Außenpolitik völlig inakzeptbale Positionen vertritt. Übrigens: Die FDP hat ihren Erfolg nicht zuletzt wegen einer klaren Ausschlussklausel erzielt.

Wo liegt die inhaltliche Stärke einer neuen SPD? Als linke Volkspartei oder als Partei der Mitte?
Vogel: Die SPD ist am stärksten als eine Partei der sozialen Gerechtigkeit. Dann hat sie ihren Schwerpunkt links von der Mitte, wird aber auch bis in die Mitte hinein Zustimmung finden.

Das Interview führte Michael Bröcker

(RP)
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