Kanzlerkandidatin der Grünen Für die Grünen ist jetzt alles drin

Meinung | Berlin · Annalena Baerbock ist die erste Kanzlerkandidatin der Grünen und hat keinerlei Regierungserfahrung. Dennoch ist die Entscheidung für sie an der Spitze einer erwachsen gewordenen Partei richtig - sofern die Wechselstimmung im Land ausreicht.

Wie souverän und in sich ruhend die Grünen derzeit durch das schwierige Fahrwasser des Superwahljahrs schippern, zeigt sich wie unter einem Brennglas an der Choreografie zur Bekanntgabe der Kanzlerkandidatur. Da stellt der unterlegene Anwärter Robert Habeck die erste Kanzlerkandidatin in der Geschichte der Grünen als kämpferisch, fokussiert, leidenschaftlich vor, überlässt ihr die Bühne, glänzt dadurch selbst. Annalena Baerbock steht jetzt an der Spitze. Dafür haben die Grünen keine wochenlangen Debattenschlachten gebraucht, keine Stellvertreterkämpfe in den Parteiflügeln, kein Gemurre über die einsame Entscheidung der beiden Parteivorsitzenden und auch keine Seitenhiebe gegen Medien, wie es die SPD-Spitze bei der Verkündung von Olaf Scholz‘ Kandidatur genüsslich tat, weil die Entscheidung tatsächlich bis zur Pressekonferenz geheim blieb. Die Grünen haben im Kontrast zum chaotischen und erbitterten Machtkampf in der Union gezeigt, wie gut es gehen kann mit der Kandidatenkür, wenn sich eine Partei im Aufwind und nicht in der Bundesregierung befindet und von einem Duo geführt wird, das sich klar abspricht und an Vereinbarungen hält. Das kann ihnen nun niemand mehr nehmen, es zeugt von einem starken Fundament für den Wahlkampf, von einer erwachsen gewordenen Partei, deren Markenzeichen erbitterter Streit ja einst war.