Horst Seehofer "Festhalten am Verbrennungsmotor ist Koalitionsbedingung"

Berlin · Die Obergrenze bei der Flüchtlingsaufnahme war bislang die Bedingung für eine Koalition im Bund mit der CSU. Jetzt hat Partei-Chef Horst Seehofer das Festhalten am Verbrennungsmotor zur Voraussetzung für eine Regierungsbeteiligung seiner Partei nach der Bundestagswahl gemacht.

Horst Seehofer – Merkels mächtiger Gegenspieler im Foto-Porträt
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Horst Seehofer - Merkels mächtiger Gegenspieler

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Foto: dpa/Sven Hoppe

"Ein Verbot des Verbrennungsmotors legt die Axt an die Wurzel unseres Wohlstands", sagte der bayerische Ministerpräsident den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Damit baut Seehofer eine hohe Hürde für ein mögliches Bündnis der Union mit den Grünen auf.

Der Verbrennungsmotor sei in Koalitionsgesprächen für die CSU genauso wenig verhandelbar wie Steuererhöhungen, eine Erleichterung der Zuwanderung und eine Lockerung der Sicherheitspolitik, stellte Seehofer klar. Deutschland sei dabei, in der Dieseldiskussion "flächendeckend die Nerven zu verlieren". Es gebe "eine Hexenjagd gegen das Automobil an sich".

Länder wie Frankreich und Großbritannien wollen bis spätestens 2040 den Verkauf von Diesel- und Benzinautos verbieten. In Deutschland fordern die Grünen, ab 2030 keine neuen Autos mit Verbrennungsmotor mehr zuzulassen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte kürzlich zu einem Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor in einem Interview erklärt, der Ansatz sei "richtig". Allerdings könne sie "noch keine präzise Jahreszahl nennen".

"Ich bin kein Anhänger einer Verbotspolitik"

Seehofer sagte den Funke-Zeitungen, er habe mit Merkel über diese Äußerung gesprochen. "Sie hat mir sofort gesagt, dass ihre Aussage überhöht und interpretiert wurde." Auf die Nachfrage, ob Merkels Worte falsch ausgelegt worden seien, sagte der CSU-Chef: "Sie hat keine Jahreszahl für ein Verbot genannt. Ich bin kein Anhänger einer Verbotspolitik, und Angela Merkel ist es auch nicht."

Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir erklärte am Samstag, dass sich Seehofer offenbar "zum Anführer einer schwarz-gelben Retro-Koalition für Deutschland" machen wolle. Gegen die eigene Kanzlerin stelle er den Erhalt des Verbrennungsmotors als Koalitionsbedingung auf und schade damit dem Wirtschaftsstandort Deutschland massiv.

"Auch wenn Seehofer es nicht begreifen will: Das emissionsfreie Fahrzeug kommt so sicher wie das Amen in der Kirche", fügte Özdemir hinzu. "Die Frage ist doch nur, ob wir diese Autos aus China und den USA beziehen oder selbst bauen."

Seehofer übte in dem Funke-Interview auch scharfe Kritik an Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Es sei "blanker Irrsinn", dass die Umweltministerin "Millionen von Dieselfahrern mit Fahrverboten bedroht" habe. Hendricks hatte vergangene Woche eine ernüchternde Bilanz des Diesel-Gipfels gezogen und von den Autobauern weitere Verbesserungen auch an der Motoren-Hardware verlangt, um den Schadstoffausstoß zu senken.

Fahrverbote für Dieselautos in deutschen Innenstädten wollen aber auch die Sozialdemokraten vermeiden. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol warf Seehofer vor, mit seinen Angriffen auf Hendricks ein "dreckiges Spiel" zu betreiben. "Wir brauchen saubere Autos von deutschen Herstellern, damit Arbeitsplätze gesichert werden und niemand aus den Innenstädten ausgesperrt wird", sagte Bartol. "Das werden moderne Elektrofahrzeuge genauso wie saubere Gas- und Dieselfahrzeuge sein."

Beim Diesel-Gipfel Anfang August von Bund, Ländern und der Automobilindustrie hatten die Hersteller Software-Updates für mehr als fünf Millionen Dieselautos der Euronormen 5 und 6 zugesagt. Außerdem kündigten fast alle Autobauer in jüngster Zeit eine Umstiegsprämie für Besitzer älterer Dieselautos an. Im Herbst soll es einen zweiten Dieselgipfel geben.

FDP-Chef Christian Lindner forderte am Wochenende im Deutschlandfunk, Fahrverbote um jeden Preis zu vermeiden. Diese wären eine "Enteignung der Diesel-Fahrer", sagte er.

(felt)
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