Säbel statt Florett Der Bundesrat als Blockadeinstrument der Union

Berlin · Der Bundesrat könnte das neue Blockadeinstrument der Union in der Opposition werden. Ein erster Test wird die Abstimmung über die neuen Corona-Gesetze am Freitag. Die Union will ein Ende der epidemischen Notlage nationaler Tragweite nicht hinnehmen.

 Machtinstrument und Beschlussorgan der 16 Länder: der Bundesrat

Machtinstrument und Beschlussorgan der 16 Länder: der Bundesrat

Foto: dpa/Fabrizio Bensch

An diesem Freitag ist Kampftag. Im Bundesrat, wo eigentlich mit dem feinen Florett und nicht mit dem groben Säbel gefochten wird, könnte es hoch hergehen. Die potenzielle Ampel-Koalition sucht Stimmen und Unterstützung für ihre Vorlage eines reformierten Infektionsschutzgesetzes. Die Ampel braucht für ihren Plan 35 der 69 Stimmen in der Länderkammer, sonst kann das überarbeitete Gesetz nicht in Kraft treten. Ohne die Stimmen aus dem Unionslager im Bundesrat kommt die Ampel aber nur auf 21 Stimmen. Die Union ist derzeit an zehn von 16 Landesregierungen beteiligt und kann mit ihren Stimmen Gesetzesvorhaben blockieren, die durch den Bundesrat müssen. Auch der jüngste Wechsel in Mecklenburg-Vorpommern (drei Stimmen) von Rot-Schwarz zu Rot-Rot hat daran wenig geändert.

Mit dem höchstwahrscheinlichen Gang in die Opposition für die kommenden vier Jahre im Bundestag, könnte der Bundesrat für die Unionsparteien zum wirksamen Blockadeinstrument werden. Sogenannte zustimmungspflichtige Gesetze – wenn Länderinteressen berührt sind – können CDU und CSU in der Länderkammer blockieren oder hinauszögern. Das Infektionsschutzgesetz könnte damit in einer höchst aufgeladenen wie angespannten Lage im gesamten Land ein erster Testfall werden.

Die Unionsparteien wollen den Regierungen in Bund und Ländern angesichts von zuletzt 65 000 Neuinfektionen, einer drohenden Überlastung vieler Intensivstationen mit Corona-Patienten und beinahe fast 100 000 Corona-Toten allein in Deutschland zumindest den Hebel an die Hand geben, das öffentliche Leben wieder herunterzufahren oder stärker einzuschränken. Ohne die Möglichkeit eines begrenzten Lockdowns, bei dem Restaurants, Kneipen und Bars für eine Zeit wieder schließen müssen oder größere Veranstaltungen – etwa mit mehreren tausend Zuschauern – verboten werden, wollen CDU und CSU den Plänen der Ampel-Parteien für ein überarbeitetes Infektionsschutzgesetz nicht zustimmen. Unter anderem geht s auch um die Frage, ob eine 2G-Regel flächendeckend eingeführt werden soll. Aus Sicht der Union kommt das jetzige Vorgehen der potenziellen Ampel-Partner SPD, FDP und Grüne einer Erpressung gleich, weil es Bund und Länder nicht zusammenführe, sondern auseinanderdividiere. Vor allem dass zuerst der Bundestag die Ampel-Pläne abnicken soll und erst danach die Ministerpräsidenten mit der noch geschäftsführenden Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Corona-Lage debattieren (und am Freitag dann der Bundesrat befasst wird), stört die Unionsparteien.

Doch selbst wenn etwa die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg oder die Jamaika-Koalition unter Beteiligung von FDP und Grünen in Schleswig-Holstein den Ampel-Plänen zustimmen sollte, würde es für die Ampel nicht reichen, das überarbeitete Infektionsschutzgesetz durch den Bundesrat zu bringen. Die Union will ein Ende der epidemischen Notlage nationaler Tragweite, die ohne Verlängerung am 25. November ausläuft, nicht hinnehmen und kündigt deshalb Widerstand im Bundesrat an. Die Lage ist ernst, doch die Union zur Blockade bereit. Dann dürfte der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat gefragt sein, der wegen der weiter nach oben schießenden Infiziertenzahlen unter Hochdruck eine Einigung finden müsste – möglichst in der kommenden Woche. 

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