Koalitionspoker Die Union ist offen für Rot und Grün

Berlin · Die SPD sieht trotz Bereitschaft zum Gespräch keinen "Automatismus" Richtung große Koalition. Auch CDU und CSU bitten neben der SPD auch die Grünen zur Sondierung der Frage, ob man es ernst miteinander meinen könnte.

Vor einer Woche noch hatte die Union glasklar auf eine große Koalition gesetzt und nur theoretisch Gespräche mit den Grünen nicht ausgeschlossen. Das geschah auch vor dem Hintergrund, dass CSU-Chef Horst Seehofer massiv gegen die Grünen Front machte und sich nicht einmal mit deren Frontmann Jürgen Trittin an einen Tisch setzen wollte.

Am Montag kam die von vielen Fürsprechern eines schwarz-grünen Bündnisses eingeforderte Korrektur: Zwar setzt sich die Union am Freitag um 13 Uhr mit der SPD zu Sondierungen zusammen. Doch bevor sie hier den "Sack zu" macht, will sie "ergebnisoffen" auch testen, ob ein Bündnis mit den Grünen auch möglich ist. Für die folgende Woche sind Sondierungen mit der Öko-Partei angekündigt, die sich dazu inzwischen auch schon bereit erklärt hat.

Scharfe Kritik an der SPD

Zwar glauben die meisten Unions-Präsidien, dass es auf eine große Koalition hinauslaufen könnte. Doch falls die SPD unerfüllbare Forderungen auftischt oder das Unternehmen am Ende am SPD-Mitgliederentscheid scheitert, will man rechtzeitig die Grünen mit dem Signal bedacht haben, ein ernst genommener potenzieller Partner zu sein.

Vor allem stört die CDU das Auftreten der SPD in den letzten Tagen. "Statt Selbstkritik und Neuaufstellung diskutieren SPD-Führungsleute, wer welchen Ministerposten bekommt", kritisiert CDU-Bundesvize Armin Laschet im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Unterschied aus seiner Sicht: "Die Grünen analysieren offen ihre Fehler und stellen sich neu auf." Dagegen forderten SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und deren Partei "lautstark die gleichen Dinge, die bei der Wahl keine Mehrheit fanden." Für Laschet ist das so "als ob nach einem Fußballspiel die unterlegene Mannschaft vom Trainer des Siegers eine komplette Kurskorrektur erwartet."

Die Pizza-Connection ist zurück

Schon am Wahlabend, kurz nach der Veröffentlichung der ersten Prognosen, hatte es Kontakte zwischen führenden Grünen- und Unionspolitikern gegeben. Grünen-Chef Cem Özdemir rief Laschet an, später sprach der schwäbische Grünen-Politiker auch mit Umweltminister Peter Altmaier (CDU). Laschet und Altmaier waren Mitglieder jener Gruppe junger CDU-Politiker, die sich Mitte der 1990er Jahre regelmäßig in einem italienischen Restaurant in Bonn mit Grünen-Nachwuchspolitikern zum informellen Austausch getroffen hatten ("Pizza Connection").

Damals war auch der heutige Kanzleramtschef und Merkel-Vertraute Ronald Pofalla dabei. Der CDU-Mann aus Weeze hat zwar auch einen guten Draht zu den Grünen. Doch gilt Pofalla eher als Anhänger einer stabilen Regierung mit der SPD. In der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik liegt Pofalla inhaltlich durchaus bei der SPD.

Anders sieht es Pofallas Düsseldorfer Parteifreund Thomas Jarzombek: "Die Union hat mit den Grünen sehr viel mehr Schnittmengen als mit der SPD". Die Union verbinde mit den Grünen vor allem der Gedanke der Nachhaltigkeit. "Der könnte auch die Überschrift für eine schwarz-grüne Koalition im Bund sein", lautet seine Empfehlung. So könne es für beide Seiten zu einer "Win-Win-Situation" kommen. "Die Grünen könnten in einer Koalition mit der Union die Energiewende selbst mit gestalten. Das wäre für sie eine Riesenchance."

(brö/mar/may-)
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