Vor den Koalitionsverhandlungen Die FDP lässt die Muskeln spielen

Düsseldorf (RPO). Die FDP lässt vor den anstehenden Koalitionsverhandlungen mit der CDU die Muskeln spielen: Der Gesundheitsfonds soll abgeschafft und die Steuern gesenkt werden. Auch bei den Bürgerrechten gibt es Streitpunkte. Kanzlerin Merkel zeigte sich zuversichtlich, dass eine schnelle Einigung möglich ist. Bis zum 9. November soll die neue Regierung stehen.

Schnittmengen und Knackpunkte bei Schwarz-Gelb
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Foto: AP

Vor Beginn der Koalitionsverhandlungen hat die FDP eine Korrektur der Gesundheitsreform gefordert. "Die FDP ist mit großem gesellschaftlichem Rückhalt dafür, den Gesundheitsfonds abzuschaffen, sagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel dem "Hamburger Abendblatt". Darüber müsse in den Koalitionsverhandlungen sehr intensiv gesprochen werden. Es ist sei "kein sozialer Verlust", den "teuren bürokratischen Gesundheitsfonds" der scheidenden Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wieder auf die Tagesordnung zu setzen.

Niebel kündigte zudem Steuersenkungen in mehren Schritten an. "Es wird eine echte Entlastung geben. Wir beginnen mit den Familien, dann kommen die Geringverdiener. Und die sogenannte kalte Progression muss gedämpft werden, damit die Mittelschicht mehr vom selbst verdienten Geld übrig hat", sagte der Liberale. Die FDP könne sich mit der Union sehr schnell auf den ersten Schritt zur Entlastung der Familien verständigen.

"Eine einheitliche Regelung des Grundfreibetrags auch für Kinder ist unser Vorschlag, und die Union scheint sich damit anfreunden zu können", sagte Niebel. Ohne eine Steuerstrukturreform werde es keine schwarz-gelbe Koalition geben. Niebel fügte aber hinzu: "Über die Details, über die Zeitabfolge werden wir selbstverständlich verhandeln."

Rösler: harte Koalitionsverhandlungen

Auch das FDP-Präsidiumsmitglied Philipp Rösler hat harte Koalitionsverhandlungen mit der Union angekündigt. Streitpunkte sieht Rösler, der in Niedersachsen Wirtschaftsminister ist, vor allem in der Steuer- und Gesundheitspolitik und bei den Bürgerrechten. "Die Bundeskanzlerin wird lernen müssen, dass die FDP zwar im Vergleich zur SPD der noch etwas kleinere Koalitionspartner sein wird, der aber in der Sache sich entschlossener als die SPD zeigen wird, die eigenen inhaltlichen Positionen durchzusetzen", sagte der niedersächsische Wirtschaftsminister der "Leipziger Volkszeitung".

Es sei Sache von Kanzlerin Angela Merkel, "nun aus der Selbstblockade bei den für die FDP entscheidenden Themen herauszukommen", betonte Rösler. "Wir schenken der Union nichts." Rösler verwies darauf, dass sich Merkel im Wahlkampf festgelegt habe, "sich in den Fragen der Steuer- und Gesundheitspolitik unbeweglich gegenüber den FDP-Forderungen" zu zeigen. Gleiches treffe auf die von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorgetragenen "nicht akzeptablen Positionen" in Sachen Bürgerrechte zu. Rösler stellte gleichzeitig klar, dass er nicht nach Berlin wechseln werde.

Mit Hermann Otto Solm meldete sich ein weiterer FDP-Spitzenpolitiker: Bevor die neue Koalition aus Union und FDP ihre Arbeit aufnehmen könne, müsse die abgewählte große Koalition eine "finanzielle Schlussbilanz vorlegen". Gegenüber der "Leipziger Volkszeitung" sagte Solms, der als Finanzminister gehandelt wird: "Diese Schlussbilanz ist Sache der alten Regierung. Diese Aufgabe übernehmen wir nicht."

Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) fordert seine Partei auf, in den anstehenden Verhandlungen mit der FDP möglichst viele christdemokratische Inhalte umzusetzen. "Wir haben eine stabile Mehrheit mit der Union als großem Partner", sagte er unserer Redaktion. "Unsere Handschrift wird also deutlich zu sehen sein." Zugleich sieht Schäuble in zentralen Fragen ein "großes Maß an Übereinstimmung zwischen der Union und den Liberalen".

Merkel hält an Steuersenkungen fest

Kanzlerin Angela Merkel stellte unterdessen klar, dass sie weiterhin Steuersenkungen durchsetzen wolle. Union und FDP würden ihre Steuersenkungsversprechen "mit Sicherheit nicht" brechen, sagte Merkel am Montagabend im ZDF. Sie sei "aus voller Überzeugung" der Meinung, "dass Sparen und Kürzen jetzt die vollkommen falsche Botschaft wäre". Vielmehr müsse das "zarte Pflänzchen des Aufschwungs" gestärkt werden. Inzwischen hat sie sich zu einem Vier-Augen-Gespräch mit Westerwelle getroffen.

Merkel trat zugleich Befürchtungen vor sozialen Einschnitten durch eine schwarz-gelbe Regierung entgegen: "Keiner muss sich Sorgen machen." So strebe sie keine Lockerung des Kündigungsschutzes an. Man werde "eine ausgewogene Politik von wirtschaftlicher Vernunft und sozialer Balance" betreiben. "Ich bin dafür auch persönlich als Garant gut geeignet", versicherte Merkel.

Größere Schwierigkeiten sieht die CDU-Chefin bei den bevorstehenden Verhandlungen nicht. Mit der großen Koalition habe man "große Gräben" überwunden. "Und dann wird das mit der FDP gehen." Merkel kündigte an, den von der FDP abgelehnten Gesundheitsfonds in den Verhandlungen verteidigen zu wollen. Auch hier werde es eine Einigung geben. Niebel wird das sicherlich anders sehen.

(AFP/AP/ddp/ndi)
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