Politbarometer-Umfrage Der beispiellose Absturz des Armin Laschet

Berlin/Düsseldorf · Nur noch Platz sieben erreicht der CDU-Chef auf der Liste der beliebtesten Politiker nach einer aktuellen Politbarometer-Umfrage. Nicht einmal die eigenen Anhänger halten ihn mehrheitlich für kanzlerfähig.

 Armin Laschet, CDU-Bundesvorsitzender und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, spricht bei einem Mitgliederchat im Rahmen der CDU-Live Veranstaltungsserie in der Berliner CDU Zentrale, im Konrad-Adenauer-Haus.

Armin Laschet, CDU-Bundesvorsitzender und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, spricht bei einem Mitgliederchat im Rahmen der CDU-Live Veranstaltungsserie in der Berliner CDU Zentrale, im Konrad-Adenauer-Haus.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Es war wahrscheinlich die beste Rede, die der Politiker Armin Laschet je gehalten hat. Auf dem ersten rein virtuellen Parteitag der CDU am 16. Januar sprach der nordrhein-westfälische Ministerpräsident die Delegierten an ihren Heim-Bildschirmen an und traf ihren Nerv. Mit der vom Vater geschenkten Erkennungsmarke aus dessen Zeit im Bergwerk, die Laschet als Talisman aufbewahrt, berührte er die Menschen, die über den Vorsitz zu entscheiden hatten. Der Aachener Jurist entschied das Rennen damals für sich.

Danach konnte es für den CDU-Politiker eigentlich nur noch nach oben gehen. Doch es kam ganz anders. Statt Stück für Stück in der Beliebtheitsskala auch bei den Wählern draußen zu gewinnen, fiel er gegenüber anderen führenden Politikern in Deutschland zurück. Nach den verlorenen Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, nach diversen Affären von Parteifreunden wegen hoher Masken-Provisionen und fragwürdiger Kontakte zu autoritären oder korrupten Politikern im Ausland sowie nach einer verkorksten Ministerpräsidentenkonferenz landete der Hoffnungsträger auf die Nachfolge Angela Merkels im absoluten Umfragetief.

Im jüngsten Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen belegte Laschet nur den siebten Platz im Popularitäts-Ranking – weit hinter der Kanzlerin und dem SPD-Anwärter Olaf Scholz, auch hinter den beiden Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock. Und vor allem hinter seinem unausgesprochenen Rivalen im Kampf um die Kanzlerkandidatur, dem CSU-Chef Markus Söder. Der legte bei der Umfrage vom Freitag sogar noch ein Schippchen drauf. Bei den eigenen Anhängern konnte der bayerische Ministerpräsident auf der +5/-5-Skala seine Bewertung von 3,1 (Februar) auf 3,3 steigern, während Laschet von 1,7 auf 1,4 zurückfiel. Die Delegierten haben offenbar die Stimmung der eigenen Wähler nicht richtig eingeschätzt.

Auch bei der Frage, welchen Politiker unter den möglichen Merkel-Nachfolgern die Befragten für kanzlerfähig halten, fielen die Zahlen für den Aachener ernüchternd aus. Während 56 Prozent in der Umfrage dem CSU-Chef die Eignung zum Kanzler zusprachen, waren es bei Laschet nur 23 Prozent. Auch hier schnitten der SPD-Kandidat Scholz (39 Prozent, Ablehnung: 51 Prozent) sowie die Grünen-Politiker Habeck (28, Ablehnung: 55) und Baerbock (25, Ablehnung: 57) besser ab. Zwei von drei Befragten waren sogar der Meinung, Laschet tauge überhaupt nicht zum Nachfolger Merkels.

Und selbst bei den eigenen Anhängern ist die Skepsis groß. Nur 28 Prozent sehen den neuen CDU-Vorsitzenden im Bundeskanzleramt. Bei Söder sind es 74 Prozent, bei Scholz 73 Prozent. Und auch die Grünen-Wähler, für die ein Kanzlerkandidat noch ungewöhnlich ist, sehen ihre beiden Vorsitzenden Habeck (58 Prozent) und Baerbock (52 Prozent) eher auf dieser Position.

Es sind also nicht nur verheerende Werte für die Union, sondern auch für ihren Vorsitzenden. Merkel hat das Debakel am Montag mit der anschließenden Entschuldigung am Dienstag besser überstanden. Über die seit nun mehr als 15 Jahren regierende Kanzlerin urteilen immer noch 75 Prozent „im Großen und Ganzen“ positiv, auch wenn sie Ende Januar noch bei 83 Prozent stand. Und gar 84 Prozent der Deutschen glauben, dass sie bis zur Bundestagswahl im September dieses Jahres im Amt bleibt.

Der Absturz für Laschet könnte nicht größer sein – selbst für einen, der tapfer erzählt, dass er auf solche augenblicklichen Stimmungsbilder nicht viel gibt. Doch eine Änderung ist nicht in Sicht. Schon beginnen die ersten, an seinen Führungsfähigkeiten zu zweifeln. Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach sieht – Stand heute – Söder klar vor Laschet.

Andere Kritiker kann Laschet noch in die Parteidisziplin einbinden. Er hat längst nicht aufgegeben und verweist auf die Vereinbarung, die die beiden Schwesterparteien getroffen haben, nämlich den Kanzlerkandidaten erst in der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten zu bestimmen.

Beobachter wie der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte von der Universität Duisburg-Essen halten aber die Schlacht für Laschet dennoch nicht für verloren. „Mit einer klar konturierten Führungserzählung“ könnte der CDU-Vorsitzende punkten, meint der Parteienexperte. Viel Zeit hat Armin Laschet dafür aber nicht mehr.

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