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Mögliche Koalitionen nach der Bundestagswahl 2021 Schwarz-Grün versus Ampelkoalition, oder was?

Analyse | Berlin · Deutschland steuert auf eine der spannendsten Bundestagswahlen zu, vielleicht die spannendste überhaupt. Denn erstmals hat eine Kanzlerin angekündigt, nicht nochmals anzutreten. Es gibt keinen Kanzlerin-Bonus mehr für die Union. Und die SPD will nicht mehr in eine große Koalition. Neue Bündnisse sind wahrscheinlich. Ein Farbenspiel der möglichen Konstellationen.

 Die Kanzlerkandidaten Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (CDU, zugechaltet) und Olaf Scholz (SPD) bei einer Diskussionsrunde des WDR-Europaforums im Mai.

Die Kanzlerkandidaten Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (CDU, zugechaltet) und Olaf Scholz (SPD) bei einer Diskussionsrunde des WDR-Europaforums im Mai.

Foto: dpa/Oliver Ziebe

Scharz-Grün Eine Koalition aus CDU/CSU und Grünen hätte nach den Umfragen der vergangenen Monate eine stabile Mehrheit. Die Grünen würden dieses Bündnis freilich nur eingehen, wenn sie nicht mit einem anderen Bündnis die Kanzlerin stellen könnten. Mit CSU-Chef Markus Söder, ein Fan von Schwarz-Grün, als Kanzlerkandidat hätten die Grünen ein leichteres Spiel gehabt als mit CDU-Kandidat Armin Laschet, der in Nordrhein-Westfalen mit der FDP regiert. Grünen-Chef Robert Habeck spekuliert auf das Finanzministerium. Co-Chefin Annalena Baerbock könnte sich wegen ihrer Patzer im Wahlkampf die Chancen auf ein Ministeramt verbauen. „Die Union setzt sich derzeit immer stärker ab. Es sieht so aus, als werde es ohne sie keine Regierung geben. Stand heute ist am ehesten mit Schwarz-Grün oder Jamaika nach der Wahl zu rechnen“, sagt Manfred Güllner, Chef des Berliner Meinungsforschungsinstituts Forsa.

Jamaika Reicht es nicht für Schwarz-Grün, würde sich Laschet freuen, die FDP mit ins Boot zu holen. Von allen vier beteiligten Parteien würde das Bündnis in den Farben der jamaikanischen Flagge gewollt. FDP-Chef Lindner hatte es 2017 platzen lassen, das würde er jetzt nicht noch einmal tun. Damals fühlte sich die FDP nur als Mehrheitsbeschafferin benutzt, ohne inhaltlich punkten zu können. Den Fehler von Kanzlerin Angela Merkel und ihrem Chef-Unterhändler Peter Altmaier bei den Verhandlungen dürfte Laschet nicht wiederholen. Wenn sich die Verhandler ein Beispiel an der Kieler Jamaika-Koalition nehmen, kommen sie schnell zusammen: Dann bekommt jeder seine Hauptanliegen durchgesetzt und akzeptiert die der anderen. Jamaika hätte auch im Bundesrat viel Manövriermasse.

Schwarz-Gelb Nicht völlig ausgeschlossen. Wenn die Linke haarscharf an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, dann müssen Union und FDP nur noch wenige Prozentpunkte zulegen, um die Mehrheit zu erringen. An die letzte Schwarz-Gelb-Kombination im Bund haben beide Seiten aber schlechte Erinnerungen. Allerdings funktioniert die Neuauflage in Düsseldorf zur größten Zufriedenheit. Und vor allem: Diejenigen, die sie in Düsseldorf mit großer Begeisterung auf den Weg gebracht haben, wären dann die Akteure auch im Bund – Armin Laschet und Christian Lindner. Problem: Die Grünen würden im Bundesrat fast jedes Gesetz blockieren können.

Ampelkoalition Die einzige wirklich realistische alternative Machtoption für Grünen-Kandidatin Baerbock oder SPD-Kandidat Olaf Scholz, ins Kanzleramt zu kommen, wäre ein Bündnis aus Grünen, SPD und FDP. Wegen der Fehler Baerbocks schwinden allerdings die Chancen der Ampel auf eine Mehrheit. Lindner hat sie zudem ausgeschlossen. Die FDP müsste ja den Konkurrenten von den Grünen und die Politik der SPD akzeptieren. Das Schmähpotenzial gegen eine nur auf Dienstwagen schielende FDP wäre noch größer als 2017. Andererseits: Wenn Lindner nur mit einer Ampel in die Regierung kommen kann, würde er wohl auch diesen in Rheinland-Pfalz bereits beschrittenen Weg gehen. „Christian Lindner will nur nicht von der Ampel reden, aber definitiv ausgeschlossen hat er sie nicht. In Wahrheit ist die Ampelkoalition für Lindner neben Jamaika die einzige Möglichkeit, in die Regierung zu kommen. Dann sitzt Lindner in der Falle: Er kann sich einer Ampel, so sehr sie ihm auch missfällt, nicht verweigern“, sagt der Bonner Politikwissenschaftler Frank Decker. Die SPD würde die Ampel mitmachen, weil Scholz so die Chance hätte, Finanzminister zu bleiben. Im Frühjahr wirkte der Vizekanzler für kurze Zeit wie elektrisiert, weil er die Chance witterte, selbst Kanzler mit einer Ampelkoalition zu werden. Dazu müsste er aber deutlich zulegen.

Deutschland-Koalition Sachsen-Anhalt könnte kurz vor den Bundestagswahlen einen Schub in diese Richtung bedeuten, wenn die CDU dort mit SPD und FDP koaliert. Doch im Bund will die SPD nicht mehr mit der CDU, die CDU nicht mehr mit der SPD, die FDP nicht mit der SPD. Also drei von drei Absagen – das macht ein Bündnis in den Farben der Deutschland-Fahne sehr unwahrscheinlich.

„Die wahrscheinlichste Regierungskoalition ist aus heutiger Sicht Schwarz-Grün. Sie erreicht seit März stabil etwa 49 Prozent. 47 Prozent würden für eine Mehrheit ausreichen. Wenn Union und Grüne schwächeln, wäre auch noch Jamaika eine Option. Als Alternative sehe ich nur die Ampelkoalition aus Grünen, SPD und FDP“, sagt Politologe Decker. „Für Grün-Rot-Rot wird es keine Mehrheit geben. Würde sich das im Vorfeld als Option abzeichnen, gäbe es am Wahltag erst recht keine Mehrheit dafür, denn Union und FDP würden erfolgreich dagegen mobilisieren“, sagt Decker.

Es werde es am 26. September nur um diese beiden Alternativen gehen: Schwarz-Grün oder Jamaika versus Ampel. Sehr spannend würde es, wenn beides ginge. Dann würde die FDP sagen, Laschet müsse mit Jamaika Kanzler werden. Und die Grünen würden sagen, Baerbock müsse mit der Ampel Kanzlerin werden. Die Frage ist, wer sich dann durchsetzt.

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