Umfrage zur Bundestagswahl Machtkampf schadet der Union kaum

Berlin · CSU-Chef Markus Söder liegt im Kampf um die Kanzlerkandidatur in der Wählergunst weiterhin deutlich vor NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. In der Union wünschen sich ihn laut Politbarometer 84 Prozent, Laschet nur 43 Prozent. Eine Regierung ohne die Union dürfte derzeit kaum möglich sein.

Geht es nach Umfragen, wäre der Streit um die Kanzlerkandidatur bei der Union längst entschieden. CSU-Chef Markus Söder konnte bei der Umfrage des Politbarometers der Forschungsgruppe Wahlen sogar noch einmal zulegen. Von den Befragten halten 63 Prozent den bayerischen Ministerpräsidenten als geeignet für das Amt des Bundeskanzlers, nur 31 Prozent sprechen ihm die Fähigkeit ab. Im März lagen diese Werte noch bei 56 beziehungsweise 36 Prozent. Dem CDU-Chef Armin Laschet sprechen nur 29 Prozent aller Wähler und Wählerinnen die Befähigung zum wichtigsten politischen Amt der Bundesrepublik zu, 61 Prozent halten ihn nicht für geeignet. Auch er konnte seine Zustimmung von 23 Prozent (März-Umfrage) leicht steigern.

Bei den Unionsanhängern ist der Unterschied in Prozentpunkten sogar noch höher. 84 Prozent halten Söder für kanzlerfähig, bei Laschet sind es nur 43 Prozent. Auf die Frage, mit welchem Kandidaten die Union bei der Bundestagswahl besser abschneiden würde, stimmten 67 Prozent für Söder und nur 20 Prozent für Laschet. Bei den Unionsanhängern fiel das Ergebnis mit 74 zu 21 Prozent sogar noch höher zugunsten des bayerischen Ministerpräsidenten aus. Die Forschungsgruppe Wahlen befragte 1292 zufällig ausgesuchte Wahlberechtigte, die Umfrage lief von Dienstag bis Donnerstag.

Der Machtkampf um die Kanzlerkandidatur hat der Union bei den Wählern offenbar nicht allzu sehr geschadet. Nach einer Politbarometer-Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen hat die Union bei der politischen Stimmung ein Plus von zehn Prozentpunkten erzielt und kommt jetzt auf 37 Prozent. Die Grünen, die bei der letzten Umfrage die Union überholt hatten, müssen Einbußen von vier Punkten hinnehmen und landen bei 24 Prozent. Auch die SPD schneidet mit 13 Prozent (minus drei Punkte) nicht allzu gut ab. Leichte Verluste gibt es für die AfD (sieben Prozent, minus eins) und FDP (acht Prozent, minus zwei), während die Linke (sechs Prozent, plus eins) leicht zulegen kann.

Wäre am Sonntag Bundestagswahl, kämen bei den Befragten auch längerfristige Trends, Parteivorlieben und taktisches Verhalten zum Zuge. Danach gewinnt die Union drei Punkte und käme auf 31 Prozent. Die Grünen würden mit 21 Prozent (minus zwei) die zweitstärkste Kraft. Die SPD käme auf 14 Prozent (minus eins) und bliebe deutlich unter ihrem Bundestagswahlergebnis von 2017 mit 20,5 Prozent. Die AfD erhielte elf Prozent (minus eins), während FDP (neun) und Linke (sieben) unverändert blieben. Damit hätte nur ein schwarz-grünes Bündnis eine Mehrheit, für eine Fortsetzung der Großen Koalition würde es genauso wenig reichen wie für Grün-Rot-Rot und Grün-Rot-Gelb.

In der Beurteilung der zehn wichtigsten Politiker liegt der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit einem Beliebtheitswert von 1,3 auf einer Skala von -5 bis +5 weiterhin klar vor seinem unionsinternen Rivalen um die Kanzlerkandidatur, Armin Laschet. Der CDU-Chef erreicht nur einen Wert von 0,1 wie schon bei der letzten Befragung im März. Bei den eigenen Anhängern kann der NRW-Ministerpräsident indes leicht zulegen von 1,4 im März auf jetzt 1,6. Auch hier führt Söder klar mit 3,3. Allerdings konnte er seinen Wert seit März nicht steigern, anders als bei allen Wählern, wo er bei der letzten Umfrage noch bei 1,2 lag. Populärste Politikerin ist weiterhin Kanzlerin Angela Merkel, die 1,9 erreichte und ihre Popularität trotz der Kritik an ihrem Corona-Management um 0,2 steigern konnte. Der zweitbeliebteste Politiker ist Winfried Kretschmann (1,6), der Grünen-Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach liegt mit 0,9 auf dem vierten Rang hinter Söder, aber vor SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz (0,7). Die beiden Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck (0,8) und Annalena Baerbock (0,6) belegen Platz fünf und sieben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kommt mit minus 0,1 auf Platz neun, der FDP-Vorsitzende Christian Lindner mit minus 0,2 auf Platz zehn.

Die Arbeit der Bundesregierung wird zuletzt wieder ein bisschen besser bewertet. Auf der gleichen Skala wie bei den Politikern erhält das Kabinett von Merkel den Popularitätswert von 0,7 nach 0,4 im März und 1,3 im Februar. Dabei liegt die Union mit 0,5 knapp vor der SPD mit 0,3. Die Arbeit der Bundeskanzlerin bewerten 76 Prozent als gut, eine schlechte Amtsführung bescheinigen ihr 21 Prozent. Die Bundesregierung schneidet hier schlechter ab. 60 Prozent finden, sie habe einen guten Job gemacht, 36 Prozent sind anderer Ansicht. Im Februar waren noch 70 Prozent mit ihrer Arbeit zufrieden, 25 Prozent bescheinigten ihr Mängel. Auch die Zustimmung zur Demokratie hat zuletzt abgenommen. Im Januar fanden 76 Prozent, dass unsere Demokratie gut funktioniert, jetzt sind es nur noch 67 Prozent, im Osten sogar nur 54 Prozent.

Die Grünen entscheiden am Montag darüber, wer von den beiden Vorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock bei der Bundestagswahl antritt. Hier ist das Bild laut Politbarometer weniger klar. Unter allen Befragten sprechen Habeck 29 Prozent die Eignung zum Kanzler zu, bei Baerbock sind es 24 Prozent. Auch bei den Anhängerinnen und Anhängern der Grünen ist der Unterschied nicht allzu groß. 61 Prozent halten Habeck für fähig, das wichtigste Amt im Staate zu führen, 57 Prozent trauen das Baerbock zu. Für 42 Prozent der Befragten könnte der frühere Vize-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein für die Grünen ein höheres Ergebnis erzielen, 29 Prozent halten die Brandenburgerin für die bessere Stimmenfängerin. Die Wählerinnen und Wähler der Grünen geben keinem der beiden darin den Vorzug. Mit Baerbock würde die Öko-Partei für 44 Prozent ein besseres Ergebnis erhalten, 43 Prozent glauben an Habeck.

Der bereits feststehende Kanzlerkandidat der SPD, Olaf Scholz, ist nur für 37 Prozent der Befragten geeignet, dieses Amt auch auszufüllen. 53 Prozent verneinen das. Immerhin hat der Bundesfinanzminister bei den eigenen Anhängern eine Zustimmung von 76 Prozent, nur 22 Prozent hegen Zweifel, dass Scholz der richtige Kandidat sei.

Auf der Problemagenda der Deutschen liegt die Corona-Pandemie weiterhin mit deutlichem Abstand vorn: 84 Prozent aller Befragten zählen sie aus eigenem Antrieb zum wichtigsten Thema. Mit 16 Prozent der Antworten folgt der Bereich Umwelt/Klimaschutz/Energiewende, Platz drei und vier belegen der Politik(er)verdruss (neun Prozent) und das Thema Bundestagswahlen/Kanzlerkandidatur (acht Prozent). Über die wirtschaftliche Lage machen sich nur acht Prozent Sorgen, fünf Prozent halten Bildung und Schule für ein wichtiges Problemfeld. Nur 18 Prozent der Befragten schätzen die Konjunktur und die Lage auf dem Arbeitsmarkt als schlecht ein.

Weniger als ein Drittel der Bürger und Bürgerinnen sind mit den Corona-Maßnahmen noch zufrieden. Gegenüber März (34 Prozent) ist diese Zahl noch einmal auf 29 Prozent gesunken. Dagegen ist der Anteil derjenigen, die härtere Maßnahmen fordern von 18 Prozent im Februar und 33 Prozent im März auf jetzt 43 Prozent nochmals angestiegen.24 Prozent halten die geltenden Maßnahmen für übertrieben. Lediglich in der Anhängerschaft der AfD spricht eine Mehrheit (72 Prozent) von „übertriebenen Maßnahmen“.

Dass der Bund in Zukunft die Grundregeln für die Corona-Bekämpfung festlegt, trifft bei einer Mehrheit von 68 Prozent auf Zustimmung. Allerdings befürworten 28 Prozent auch weiterhin die Hoheit der einzelnen Länder, darunter 55 Prozent der AfD-Anhänger und Anhängerinnen. Bei den geplanten Ausgangssperren gehen die Meinungen auseinander. 44 Prozent befürworten sie, 53 Prozent lehnen sie ab. Im Osten der Republik ist sogar eine Mehrheit von 63 Prozent gegen Ausgangssperren, im Westen wird sie von 46 Prozent befürwortet und von 51 Prozent abgelehnt. Schaut man auf die Anhänger der einzelnen Parteien, ergibt sich ein unterschiedliches Bild. Positiv bewertet wird sie jeweils von Mehrheiten der Unionswähler (53 Prozent) und SPD-Anhänger (53 Prozent). Dagegen stößt sie bei 83 Prozent der AfD-, 65 Prozent der FDP- und 60 Prozent der Linken-Wähler auf Ablehnung. Die Anhängerschaft der Grünen ist in dieser Frage eher gespalten (dafür: 46 Prozent; dagegen: 50 Prozent).

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