Grunderwerbsteuer, Mietenstopp, Eigenbedarf Was planen die Parteien beim Mieten und Wohnen?

Berlin · Bezahlbarer Wohnraum ist zu einer der wichtigsten sozialen Fragen geworden. Mieten und Immobilienpreise schießen in die Höhe, Spekulanten lassen Wohnraum leer stehen, Vermieter fühlen sich gegängelt. Wir erklären, was die Parteien nach der Bundestagswahl dagegen tun wollen.

 Am Samstag demonstrierten Tausende gegen hohe Mieten in Berlin.

Am Samstag demonstrierten Tausende gegen hohe Mieten in Berlin.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Es ist nicht so, als ob sich beim heißen Eisen Wohnungsbau gar nichts tun würde. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamts 306.376 Wohnungen fertiggestellt. Das waren 4,6 Prozent oder 13.374 mehr Wohnungen als 2019. Der im Jahr 2011 begonnene Anstieg habe sich damit weiter fortgesetzt. Eine höhere Zahl an fertiggestellten Wohnungen als 2020 habe es zuletzt nur im Jahr 2001 gegeben.

Schaut man sich jedoch in Ballungsbieten und Speckgürteln die aufgerufenen Kaufpreise je Quadratmeter für neue Wohnungen an, wird schnell klar, dass selbst Doppelverdiener mit sicheren Jobs den Traum von den eigenen vier Wänden oft begraben müssen. Und die bittere Erkenntnis am unteren Ende der Skala - die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland hat sich in zwei Jahrzehnten auf rund eine Million halbiert. Die Vorschläge der großen Parteien im Überblick:

Union CDU und CSU wollen den Wohnungsneubau auf 1,5 Millionen Einheiten bis 2025 anschieben. Das Tempo beim Wohnungsneubau soll also von gut 300.000 auf 400.00 Einheiten pro Jahr erhöht werden. Dafür soll es Steueranreize geben: „Derjenige, der neue Mietwohnungen schafft, soll auch nach Ende 2021 fünf Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten zusätzlich von der Steuer absetzen können.“ Zur Belebung von Innenstädten und Dörfern soll es mehr Fördermittel geben. Auch bei der Grunderwerbsteuer, die die Länder erheben und die Käufer bei den Nebenkosten mit bis zu 6,5 Prozent erheblich belastet, will die Union etwas tun – und zwar mit einem Freibetrag beim erstmaligen Erwerb selbst genutzten Wohnraums von 250.000 Euro pro Erwachsenen plus 100.000 Euro pro Kind.

SPD Die Sozialdemokraten wollen für mehr bezahlbaren Wohnraum sorgen. Dafür soll die öffentliche Hand jährlich 100.000 Sozialwohnungen neu bauen. In angespannten Wohnlagen soll es ein zeitlich befristetes „Mietenmoratorium“ geben. Mieten könnten für bestimmte Zeit dann nur um die Inflationsrate erhöht werden. Außerdem will die SPD Spekulation mit Grund und Boden eindämmen. Dafür soll es kommunale „Bodenfonds“ unter Einbeziehung bundeseigener Grundstücke geben. Bereits vor einiger Zeit hatte sich die bundeseigene Immobiliengesellschaft Bima vom Höchstpreisgebot verabschiedet. Auf dem Land soll durch ein Programm „Jung-Kauft-Alt“ (das sich in NRW bewährt hat) Familien die Chance gegeben werden, leer stehende Gebäude in Dörfern und Kleinstädten zu kaufen.

FDP Die Liberalen wollen die Mietpreisbremse abschaffen und einen bundesweiten Mietendeckel verhindern. „Die Möglichkeiten zur Abschreibung für Wohnungsbauinvestitionen wollen wir verbessern.“ Durch einen Baukosten-TÜV sollen überflüssige Regeln entlarvt werden. Bei der Grunderwerbsteuer schlägt die FDP einen Freibetrag von bis zu 500.000 Euro für natürliche Personen vor. Der Freibetrag soll wieder auffüllbar sein, damit er bei einem Verkauf für einen neuen Erwerb wieder zur Verfügung steht. Steuerschlupflöcher für große Immobilieninvestoren mittels sogenannter Share Deals sollen verboten werden.

Grüne Die Ökopartei fordert eine Million Sozialwohnungen in den nächsten zehn Jahren. Durch eine neue Wohngemeinnützigkeit sollen eine Million zusätzliche Mietwohnungen zur Verfügung stehen. Reguläre Mieterhöhungen sollen auf 2,5 Prozent im Jahr innerhalb des Mietspiegels begrenzt werden. Mit einem „100.000-Dächer -und-Häuser“-Programm sollen Dächer stärker ausgebaut leerstehende Wohnungen modernisiert werden. Um die Kaufnebenkosten zu senken, sollen die Länder den Steuersatz der Grunderwerbssteuer zum Beispiel für große Wohnungsunternehmen erhöhen und für private Selbstnutzer senken.

AfD Die AfD will noch einen Schritt weiter gehen und die Grunderwerbsteuer auf selbst genutzte Wohnimmobilien ersatzlos streichen. Auf dem Immobilienmarkt soll die Staatsangehörigkeit eine Rolle spielen: „Damit Einheimische besser auf das vorhandene Angebot zugreifen können, ist der Erwerb von Wohnimmobilien durch Käufer ohne deutsche Staatsbürgerschaft, deren Hauptwohnsitz im Ausland liegt, über eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer auf 20 Prozent zu erschweren.“ Staatliche Wohnungsunternehmen sollen Mietern ihre Wohnung zum Kauf anbieten. Der bisherige soziale Wohnungsbau sei gescheitert. Deshalb sei es besser, einkommensschwache Mieter stärker mit Wohngeld zu unterstützen.

Linke Den kürzlich vom Bundesverfassungsgericht wegen Nichtzuständigkeit des Landes Berlin in der Hauptstadt gekippten Mietendeckel will die Linke im gesamten Bundesgebiet möglich machen. Für bestehende Mietverträge soll es einen Mietenstopp geben. Für die Wohnraum- und Städteförderung soll es jährlich 15 Milliarden Euro geben. Über 70 Jahre alten Mietern dürfe nicht mehr wegen Eigenbedarf gekündigt werden. Durch eine  Wohnraumgemeinnützigkeit mit höherem Steuerbonus sollen bis zu 250.000 Sozialwohnungen pro Jahr zusätzlich entstehen, die unbefristet in der Sozialbindung bleiben müssten: „Einmal gefördert, immer gebunden.“

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